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Von Dr Leora Fox Übersetzt von Rebecca Bearbeitet von Dr Jeff Carroll

Manche Techniken zur Reduzierung des mutierten Huntingtins können auch die gesunde Form des Huntingtins betreffen. Da derzeit klinische Studien laufen, ist es umso wichtiger, die Aufgaben dieses gesunden Huntingtins im Gehirn zu verstehen. Wissenschaftler haben dazu kürzlich das Huntington-Gen bei gesunden, erwachsenen Mäusen unterschiedlichen Alters deaktiviert. Sie beobachteten, dass dadurch neurologische und Verhaltensauffälligkeiten entstanden. Das bedeutet, man muss mit Medikamenten, die auch die Menge des gesunden Huntingtins verringern, sehr vorsichtigt sein.

Die Funktion des Huntingtins verstehen

Die Mutation, die die Huntington-Krankheit verursacht, verändert die Bauanleitung eines Proteins namens Huntingtin: Eine zu häufige Wiederholung von Sequenzen im Huntington-Gen führt zur Bildung eines extra-langen Huntingtin-Proteins, das über längere Zeit verheerenden Schaden in Gehirnzellen verursachen kann. Einer der derzeit interessantesten Ansätze in der Huntington-Forschung ist die Huntingtin-Reduzierung (auch bekannt als Gen-Stummschaltung), die darauf abzielt, die Menge an Huntingtin-Protein in den Zellen zu verringern.

Mäuse sind keine Menschen, aber Studien an Mäusen können wichtige Warnhinweise liefern hinsichtlich möglicher Komplikationen bei Therapien.
Mäuse sind keine Menschen, aber Studien an Mäusen können wichtige Warnhinweise liefern hinsichtlich möglicher Komplikationen bei Therapien.

Bei Tiermodellen zeigten sich durch diese Methoden starke positive Effekte, denn durch die Reduzierung des mutierten Huntingtins im Gehirn von Huntington-Mäusen wurde die Gesundheit des Gehirns und auch das Verhalten verbessert. Gründliche Untersuchungen an den Tieren haben die klinischen Studien auch am Huntington-Gen von Menschen ermöglicht und es stehen weitere Möglichkeiten der Verminderung oder Vernichtung des Huntingtins in Aussicht. Einige der Ansätze, die das mutierte Huntingtin angreifen, verringern auch die Menge des normalen, gesunden Huntingtins. Zu diesen Ansätzen zählt die Studie von Ionis Medikament zur Huntingtin-Verminderung.

Aus diesem Grund müssen wir mehr darüber lernen, was mit dem Gehirn passiert, wenn kein Huntingtin mehr da ist. Daher hat eine Gruppe von Wissenschaftlern kürzlich mithilfe von Gentechnik bei Mäusen unterschiedlichen Alters das Huntingtin-Protein entfernt und anschließend ihre Gehirne und ihr Verhalten bis ins hohe Alter untersucht.

Huntingtin während des Aufwachsens und im Erwachsenenalter

Wenn Forscher die Funktion eines Gens verstehen wollen, ist das erste, was sie tun, normalerweise, dieses Gen zu entfernen. Durch die Erforschung dessen, was falsch läuft, wenn ein Protein fehlt, können sie Rückschlüsse auf dessen Aufgabe in den Zellen ziehen. Genauso könnte man es machen, wenn man den Zweck eines Gürtels nicht versteht: man lässt den Gürtel einfach mal weg. Wenn dann die Hose runter rutscht, versteht man, wofür es ihn gibt.

Wenn bei der Empfängnis von Mäusen Huntingtin im Gehirn fehlt, entstehen schwere neurologische Frühschäden. Wenn Huntingtin weder im Körper noch im Gehirn vorhanden ist, sterben die Mäuse noch vor der Geburt. Daraus haben Wissenschaftler abgeleitet, dass das gesunde Huntingtin sehr wichtig bei der Entwicklung ist, insbesondere im Gehirn.

Wir müssen mehr darüber lernen, was mit dem Gehirn passiert, wenn kein Huntingtin mehr da ist.

Jedoch weiß man sehr viel weniger über die Aufgabe des Proteins im Erwachsenenalter. Das mutierte Huntingtin, wenn auch verändert, ist immernoch vorhanden und die meisten Menschen mit der Huntington-Krankheit verfügen auch über das gesunden Huntingtin. Was passiert, wenn Huntingtin für die Hälfte des Lebens verfügbar ist und dann plötzlich reduziert oder vollständig entfernt wird? Genau das geschieht bei der Huntingtin-Verminderungs-Studie, bei der nur Erwachsene teilnehmen. Bis jetzt gibt es vielversprechende Berichte über die kurzfristige Sicherheit dieser Reduzierung. Trotzdem können fortgesetzte Tierversuche mehr Aufschluss über die Langzeitwirkung geben.

Was passiert, nachdem Huntingtin verschwunden ist?

Um zu untersuchen, was passiert, wenn Huntingtin im Erwachsenenalter entfernt wird, verwandte die Forscher-Gruppe von Ioannis Dragatsis an der Universität von Tennessee ein genetisches Werkzeug, um die Entfernung des Huntingtins aus einem Großteil der Zellen im ganzen Körper zeitlich exakt zu planen. Bei dieser Technik wird speziell veränderten Mäusen ein chemischer Wirkstoff injiziert, um die Entfernung eines bestimmten Gens zu veranlassen. Das ist für die Wissenschaftler sehr hilfreich, um die Funktion eines Gens in einem speziellen Lebensalter zu erforschen. Es geht hier allerdings nicht um die Entwicklung einer Behandlung der Krankheit bei Menschen.

Dragatsis Gruppe verwandte also diese Methode um die Funktion des Huntingtins im Erwachsenenalter zu verstehen. Sie deaktivierten das Huntington-Gen bei Mäusen dreier verschiedener Altergruppen: 3, 6 und 9 Monate. Bei Mäusen entsprechen 3 Monate in etwa dem älteren menschlichen Teenager-Alter, 9 Monate sind schon etwa die Hälfte der Lebenszeit. Die Forscher untersuchten die natürliche Lebenserwartung der Mäuse und studierten ihre Gehirne und ihr Verhalten für eine bestimmte Zeit.

Das vollständige Entfernen des gesunden Huntingtins verursachte eine geringere Lebensdauer, neurologische Schwierigkeiten und erschwerte Bewegungsübungen. Je früher das Gen deaktiviert wurde, desto schwerwiegender waren die Bewegungsstörungen, was nahelegt, dass Huntingtin für jüngere Erwachsene am wichtigsten ist. Huntingtin zu entfernen, führte zu einer geringeren Größe des Gehirns und verbreiteten Anzeichen von Entzündungen. Trotz Verhaltens- und neurologischer Probleme, wiesen die Gehirnbereiche, die normalerweise von der Huntington-Krankheit betroffen sind, nämlich das Striatum und die Hirnrinde, keine geschädigten Nervenzellen auf. Das ist ermutigend, wenn man bedenkt, dass diese Bereiche den Hauptangriffspunkt für Huntingtin-reduzierende Medikamente in klinischen Studien darstellen.

Die Menge des Huntingtins in den Gehirnen von Mäusen zu reduzieren, beschädigte den Thalamus - eine Hauptschaltzentrale im Gehirn.
Die Menge des Huntingtins in den Gehirnen von Mäusen zu reduzieren, beschädigte den Thalamus - eine Hauptschaltzentrale im Gehirn.

Eine neue Aufgabe für Huntingtin - und widersprüchliche Ergebnisse

Es ist schwierig, die genaue Ursache der neurologischen Schwierigkeiten nach der Entfernung des Huntingtins bei Mäusen zu bestimmen, aber die Wissenschaftler haben einige interessante Hinweise gefunden. Sie beobachteten, dass Gehirnzellen in einem Gebiet namens Thalamus Schwierigkeiten bei der Verarbeitung und Verwendung von Eisen hatten, wodurch sich Eisen und Calcium in den Zellen ansammelten. Der Thalamus ist eine Hauptschaltzentrale für das Gehirn, oft ein wichtiger Mittler, der Botschaften zwischen verschiedenen Bereichen austauscht. Eisen ist ein Mineral, das im Gehirn essentiell für die Energieerzeugung und die ungestörte Übertragung von Nervenimpulsen ist. Es ist nicht ganz geklärt, wie Huntingtin bei der effizienten Verwendung des Eisens im Thalamus hilft. Jedoch haben die neurologischen Probleme, die durch deren Störung verursacht wurden, uns auf eine möglicherweise sehr bedeutende Rolle des Huntingtins auch im alternden Gehirn aufmerksam gemacht.

Eine andere aktuelle Studie aus dem Labor von Xiao-Jiang Li an der Emory Universität verwandte eine ähnliche (aber nicht exakt gleiche) Technik, um Huntingtin bei Mäusen im Alter von 2, 4 und 8 Monaten zu entfernen. Das hat sich als gefährlich bei den jüngeren Mäusen herausgestellt und führte bei ihnen zum frühen Tod durch das Versagen ihrer Bauchspeicheldrüse. Aber die Entfernung von Huntingtin bei Mäusen im Alter von 4 Monaten und älter schien keine neurologischen Schwierigkeiten zu verursachen. Das stellt einen scharfen Gegensatz zu Dragatsis Arbeit dar. Solche gegensätzlichen Berichte können verwirrend sein, letztendlich kann die Betrachtung der Unterschiede bei den parallel durchgeführten Studien aber informativ sein. Die leichten Abweichungen bei der Vorgehensweise, die zu den unterschiedlichen Ergebnissen führten, erlauben es uns, mehr über die zugrunde liegende Biologie zu erfahren.

Die Botschaft

Wichtig ist, dass beide Studien aussagen, dass man bei der Entfernung oder Verminderung von normalem oder gesundem Huntingtin beim Menschen sehr vorsichtig sein sollte. Eine bessere Option sind vielleicht die allel-spezifischen Therapieansätze, da sie gezielt nur das mutierte Huntingtin angreifen und das gesunde intakt lassen. Dieser Gedanke wird aktuell von der Firma WAVE Life Sciences verfolgt.

Wir werden sehr vorsichtig bei der Entfernung oder Reduzierung des gesunden Huntingtins bei Studien am Menschen sein müssen.

Dennoch ist zu beachten, dass das Huntingtin-Entfernen im gesamten Körper und Gehirn von Mäusen grundsätzlich sehr verschieden zu dem klinischen Ansatz der zeitweisen Reduzierung von Huntingtin in ausgewählten Hirnregionen ist. Bei der aktuell laufenden Huntingtin-Verminderungs-Studie ist die Behandlung umkehrbar und die Sicherheit der Teilnehmer wird sorgfältig überprüft. Unumkehrbare Behandlungsmethoden der Huntington-Krankheit Genom-Bearbeitung wie CRISPR-Cas9 benötigen akribische Langzeitstudien, bevor sie in ein Krankenhaus übertragen werden können.

Während die kurzfristigen Zulassungszeiträume des Huntingtin-Verminderungs-Medikamentes verlängert werden, werden die Klinikärzte weiterhin wachsam sein und Daten sammeln, die für die Ermittlung der Sicherheit und Effektivität des Medikaments nötig sind. Gleichzeitig können vielfältige Ansätze am Tiermodell unser Verständnis der Biologie hinter den bereits in klinischen Studien angekommenen Medikamenten vertiefen.

Die Autoren haben keinen Interessenskonflikt offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...