Von Dr Michael Orth Bearbeitet von Professor Ed Wild Übersetzt von Martina Merkle

Gentherapie könnte Schreibfehler in unserer DNA korrigieren, während Stammzellen Transplantationen ohne starke Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems versprechen. Forscher haben die beiden Methoden jetzt bei einer Lebererkrankung verbunden. Dennoch bleiben einige Herausforderungen ehe dies auch bei Huntington funktioniert könnte.

Präzisions-Gentherapie

Die Huntington Krankheit ist eine von vielen Erkrankungen die durch einen genetischen Defekt hervorgerufen wird. Ein Fehler in dem genetischen Rezept für das Huntingtin Protein ist die Ursache für die Erkrankung. Alle Zellen haben diesen Fehler in ihrer genetischen Struktur und produzieren aufgrund dessen das abnormale Protein.

Wissenschaftler können jetzt die DNA von Zellen 'editieren' und genetische Fehler reparieren
Wissenschaftler können jetzt die DNA von Zellen ‘editieren’ und genetische Fehler reparieren

Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass man einfach mit einem chirurgischen Eingriff in die Zellen den schadhaften Teil entfernen sollte. Angesichts der Tatsache aber wie groß das gesamte Genom im Vergleich zu der geringen Größe der Huntington Mutation ist - 6 Billionen Buchstaben gegenüber gerade mal ein paar Dutzend zusätzliche Buchstaben bei Huntington - würde man die Nadel in einem Heuhaufen suchen.

Die Techniken um einer solche Leistung zu vollbringen haben in den letzten Jahren einen großen Fortschritt gemacht, und es ist jetzt möglich eine genetische Präzisions-Chirurgie durchzuführen - aber die Herausforderungen bleiben, wie beispielsweise die genetischen Manipulationen die erforderlich sind um die gewünschte Veränderung zu erreichen. Die glückliche Hand die man haben muss um die Mutation zu entfernen und das Risiko dass genetische Werkzeuge, die zurückgelassen werden, unter Umständen Schaden verursachen.

Stammzellen

Stammzellen teilen sich in neue Stammzellen und entwickeln spezialisierte Zellen einschließlich Neuronen.

Menschen entwickeln sich aus embryonalen Stammzellen in der Gebärmutter. Diese Stammzellen können jedes Gewebe bilden. Aber auch als Erwachsene haben wir Stammzellen in allen unseren Organen. Unser Wissen von den Stammzellen hat in den letzten paar Jahren drastisch zugenommen. Es ist jetzt möglich beispielsweise eine Hautprobe zu nehmen oder ein Haar auszureißen und mit Hilfe einer speziellen Behandlung die Stammzellen in der Haut oder dem Haarfollikel dazu zubringen sich in unterschiedliches Gewebe zu entwickeln. Diese Zellen werden als induzierte pluripotente Stammzelle oder iPS Zellen bezeichnet. Wie bereits in einem HDBuzz Artikel vor kurzem diskutiert wurde, wird die Stammzellentechnologie momentan dazu genutzt um Krankheiten einschließlich Huntington zu untersuchen und die Zukunft mag sogar Behandlungsmöglichkeiten bringen. Tatsächlich werden Stammzellen bereits jetzt genutzt um bestimmte Bluterkrankungen zu behandeln. Theoretisch könnten die Stammzellen dazu genutzt werden ganze Organe oder Teile davon neu zu bilden. Ein neues Gehirn zu erschaffen oder die Stammzellen zu benutzen um dass Gehirn zu reparieren liegt heute bei weitem außerhalb unserer Möglichkeiten. Ein weiteres Problem bei Huntington ist, dass es eine genetische Krankheit ist und daher die Stammzellen des Patienten nicht direkt genutzt werden können, da sie ja selber von dem genetischen Defekt betroffen sind.

Kombinieren von zwei heiligen Gralen

Zum ersten Mal haben Wissenschaftler vom Institut Wellcome Trust Sanger an der Universität Cambridge die Stammzell-Technologie und die Präzisions-Gentherapie miteinander verbunden. Sie studierten gerade eine bestimmte Lebererkrankung Alpha-1-Antitrypsin-Mangel oder auch Alpha 1 genannt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Magazin Nature veröffentlicht. Alpha 1 wird durch den Defekt eines einzelnen Abschnittes genetischer Buchstaben hervorgerufen. Die Folge davon ist, dass ein Protein dass in der Leber entsteht und normalerweise freigesetzt wird, um den Körper zu schützen, in der Leber eingeschlossen bleibt und dort Leberzirrhose verursacht. Alpha 1 ist eine der weit verbreitetsten genetischen Erkrankungen und betrifft 1 unter 2000 Menschen, Die einzige Behandlungsform die zur Zeit zur Verfügung steht ist die Lebertransplantation - ein großer operativer Eingriff, der auch zur Folge hat, dass der Patient ein Leben lang Medikamente einnehmen muss damit ein Abstoßen des Organs verhindert wird.

Unter Leitung von Dr. Ludovic Vallier entnahmen die Forscher eine Hautzelle eines Patienten mit der Alpha-1 Erkrankung und verwandelten sie in eine Stammzelle. Sie nutzten dann ein feineres genetisches Instrument als molekulares Skalpell um die Mutation herauszuschneiden und ersetzten sie mit dem korrekten genetischen Buchstaben. Die Stammzellen wurden dann so behandelt dass sie zu Leberzellen wurden. Sie arbeiteten wie jede normale Leberzelle das heißt dass auch ein gesundes Protein produziert und freigesetzt wurde.

Die Kombination von Gentherapie und Stammzellen Therapie bietet die Aussicht, dass der Patient mit seinen eigenen reparierten Zellen behandelt werden kann - es bleiben aber noch viele Herausforderungen
Die Kombination von Gentherapie und Stammzellen Therapie bietet die Aussicht, dass der Patient mit seinen eigenen reparierten Zellen behandelt werden kann - es bleiben aber noch viele Herausforderungen
Quelle: Yirui Sun, Wellcome Images

Der nächste Schritte war nun die Zellen in Mäuse zu injizieren wo sie die Leber besiedelten und wochenlang normal arbeiteten.

Wenn dies zu einer Therapie gegen Alpha-1 entwickelt werden könnte, könnte man damit weit bessere Erfolge erzielen weil man dadurch dass man die eigenen Stammzellen des Patienten nimmt keine Medikamente benötigt die das Immunsystem dämpfen. # Was bedeutet das für Huntington

Diese Erkenntnisse geben offensichtlich Menschen mit genetischen Krankheiten welche die Leber betreffen neue Hoffnung aber sie sind auch ein wichtiger Beweis dafür, dass sich Stammzellentherapie und Gentherapie zu Behandlungsmöglichkeiten verbinden lassen, die unter Umständen auch auf andere genetische Erkrankungen zugeschnitten werden können.

Allerdings müssen noch viele Fragen beantwortet werden, bevor sich diese Methode zu einer Option zur Behandlung von Huntington umsetzen lässt. Beispielsweise ist ein generelles Risiko bei dem Einsatz von Stammzellen, dass sie möglicherweise Krebs verursachen. Bei Menschen mit Huntington ist die Situation noch komplizierter, weil das Gehirn anders als die Leber zum größten Teil aus Zellen besteht, die sich nicht weiter teilen können. Bei der Leber kann man auf einen Selbsterneuerungsprozess zurückgreifen, der kontinuierlich abläuft. Wenn man Leberzellen einschleust,die frei von der genetischen Mutation sind, können diese an dem Prozess teilnehmen. Im Gehirn gibt es einen solchen Selbsterneurerungsprozess, der entsprechend nutzbar gemacht werden könnte, soweit wir wissen nicht.

Bei einigen Studien hat man bereits versucht, embryonale Stammzellen als Ersatz für kranke Neuronen in in einem Teil des Gehirns, das besonders von Huntington beschädigt ist, dem Striatum, einzusetzen. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig und wir verstehen erst langsam, wie komplex es ist, Stammzellen zum Ersatz von kranken Neuronen zu nutzen und das Gehirn wieder zu aktivieren.

Aber es ist eine interessante Idee dass abgesehen davon, dass man den Einsatz von immunsuppressiven Medikamenten vermeiden würde, das Einpflanzen von eigenen Stammzellen besser sein könnte als fremde Stammzellen zu nutzen. Eine wichtige weitere Hürde ist, dass Huntington durch die schadhafte Wirkung eines mutierten Proteins hervorgerufen wird, während das Hauptproblem bei Alpha-1 ein fehlendes Protein ist. Es ist eine grössere Herausforderung toxische Effekte zu verhindern oder umzukehren als etwas zu ersetzen das fehlt.

Vallier’s Team hat es geschafft 2 innovative wissenschaftliche Methoden erfolgreich miteinander zu vereinen - Stammzellen- und Präzisions-Gentherapie. Es ist aber für Menschen mit einer genetischen Lebererkrankung noch ein langer Weg - für Menschen mit Huntington umso länger - bis sie einen Termin bei einem genetischen Chirurg machen können.

Die Autoren haben keinen Interessenkonflikt offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...