HDAC Inhibitor Medikament schützt das Gedächtnis von HK Mäusen
CBP (Gen regulierendes Protein) schützt Gedächtnis von HK Mäusen; "Histon Deacetylase Inhibitoren" ahmen den Effekt n
Von Professor Ed Wild 14. Februar 2012 Bearbeitet von Dr Jeff Carroll Übersetzt von Martin Oehmen Ursprünglich veröffentlicht am 13. Dezember 2011
Schwierigkeiten beim Denken und eine fehlerhafte Kontrolle der Genaktivierung sind beides Probleme in der Huntingtonkrankheit. Spanische Forscher haben diese nun miteinander in Verbindung gebracht, durch ein Proteins namens CBP. Ein Histon Deacetylase Inhibitor Wirkstoff kann beide Probleme in HK Mäusen unterbinden.
Histone und all das
Sobald man ein wenig Zeit mit der Recherche zur Forschung an der Huntingtonkrankheit verbringt, wird es nicht lange dauern, bis man über Begriffe stolpert wie “Histone”, “HDAC Enzyme” und “HDAC Inhibitoren”.
Diese Begriffe beschreiben alle die Ausstattung, welche unsere Zellen benutzt, um verschiedene Gene zu aktivieren und zu deaktivieren.
Aber selbst wenn man mit den Begriffen vertraut ist, ist es schwer im Kopf zu behalten, welche die “Guten” und welche die “Bösen” sind. Um ehrlich zu sein, viele Wissenschaftler finden es auch verwirrend.
Unser kürzlich erschienener HDBuzz Artikel HDAC Inhibitoren gibt einen vollständigen Überblick über diese Begrifflichkeiten. Da der vorliegende Artikel sich mit Histonen und Gensteuerung beschäftigt, folgt eine kurze Wiederholung.
Die Kontrolle darüber, welche Gene “an” und “aus” geschaltet werden, ist sehr wichtig für jede Zelle und ermöglicht ihnen zu überleben und ihren Aufgaben nach zu kommen. In Zellen, welche die genetische Mutation besitzen, die durch die Huntingtonkrankheit hervorgerufen wird, wird die Kontrolle über die Genaktivierung ins Chaos gestürzt, aufgrund des mutierten Huntingtinproteins.
Ein Verteidigungsmechanismus, den Zellen gegen Probleme der Genaktivierung besitzen, ist die DNA dicht um beschützende Strukturen zu wickeln, die Histone genannt werden. Um ein Gen zu aktivieren, muss die DNA erst aus dieser dicht gepackten Struktur entwunden werden.
Wie ein Schloss können Histone “offen” oder “geschlossen” sein. Aufgeschlossene Histone haben einen kleinen chemischen Anhang, der Acetyl genannt wird. Verschlossene Histone haben diesen Acetyl-Anhang nicht und wickeln die DNA stark auf, wodurch sie vor der Zelle “versteckt” ist. Die Acetylgruppe ist der Schlüssel, welcher die Histone unverschlossen und die DNA um sie locker hält, so dass die Zelle sie ablesen kann.
Histon Acetyl-Transferase Enzyme (HATs) sind die Maschinen, welche die Histone “aufschließen”, indem sie eine Acetyl-Gruppe anhängen. Die Maschinen, welche das Acetyl wieder entfernen, heißen Histon Deacetylase (HDACs).
Das Zusammenspiel der Aktivität von HATs und HDACs kontrolliert den Zustand der DNA in einer Zelle, und somit welche Gene an- und ausgeschaltet sind. Eine feine Balance zwischen der Aktivität der HATs und HDACs muss aufrechterhalten werden, um Probleme zu vermeiden.
Auf den Punkt gebracht - wer sind die Guten?
Bei der Huntingtonkrankheit fehlen Acetylgruppen an den Histonen. Daher ist die DNA zu dicht gepackt, was dazu führt, dass viele Gene aus oder angeschaltet sind wenn sie es nicht sein sollten.
Wir wollen also mehr Acetylgruppen an Histone in HK-Gehirnen vorfinden. Um dies zu erreichen, kann man entweder die Aktivität von HATs erhöhen, oder die von HDACs verringern.
Es ist sehr viel leichter eine zelluläre Maschine an zu halten, anstatt sie besser arbeiten zu lassen. Die meisten Wirkstoffe zielen also darauf ab Maschinen still zu legen und nicht ihre Aktivität zu erhöhen.
„Das CBP scheint an Klümpchen von mutiertem Huntingtin zu kleben - als ob das mutierte Protein das CBP einfängt “
In Anbetracht dieser Tatsachen ist der leichteste Weg, um die Anzahl der Acetylgruppen an Histonen zu erhöhen, HDACs zu blockieren. Wirkstoffe, die genau dies bewirken, werden HDAC Inhibitoren genannt und werden derzeit an einer Reihe von Tiermodellen getestet.
Probleme mit dem Denken in der HK
Ein Verlust der geistigen Fähigkeiten, oder auch “kognitiven Fähigkeiten”, ist sehr verbreitet in der Huntingtonkrankheit, und verursacht einige der größten Probleme. Diese Problematik trifft häufig früh auf und resultiert in Probleme beim Multitasking, der Organisationsfähigkeit und der Persönlichkeit.
Das Speichern und der Abruf von Erinnerungen ist ein wichtiger Teil unserer geistigen Fähigkeiten. HK verursacht keine schwere Vergesslichkeit, wie sie bei der Alzheimerkrankheit auftritt, aber Gedächtnisprobleme stellen einen Teil der Probleme der geistigen Fähigkeiten in der HK dar.
Bisher ist es nicht vollständig verstanden, wie es zu den Problemen in der geistigen Fähigkeit durch die HK kommt. Es ist jedoch bekannt, dass während des Krankheitsverlaufs bestimmte Neurone absterben, während andere darum kämpfen funktionsfähig zu bleiben.
Behandlungen, die darauf abzielen die Funktion der Neurone zu stabilisieren, sollten die geistigen Fähigkeiten verbessern, und mit etwas Glück verlangsamen sie das Absterben der Neurone.
Synapsen: wo das Denken auf Umschalten trifft
Synapsen sind chemische Verbindungen, die Nachrichten von einem Neuron auf ein anderes übertragen. Sie sind die Basis für das Denken und das Gedächtnis - ein Weg das Gedächtnis zu betrachten ist es als eine Gruppe von Neuronen zu sehen, die durch Synapsen verknüpft sind.
Wir wissen, dass Synapsen in der HK und den entsprechenden Tiermodellen weniger effektiv arbeiten. Die Gründe hierfür sind noch unklar, aber ein großer Hinweis kommt aus dem Bereich der Genaktivierung. Fehlerhafte Genaktivierung und -deaktivierung könnte für die Fehlfunktionen der Synapsen verantwortlich sein, die zu den Gedächtnisproblemen führen.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern in Barcelona begann, dies zu untersuchen. Unter Führung von Dr. Silvia Ginés wurden die Ergebnisse kürzlich im Journal Human Molecular Genetics veröffentlicht.
CBP und Gedächtnis-Gene
Oftmals werden Gene, welche eine Zelle befähigen eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, gemeinsam aktiviert bzw. deaktiviert. Eine Gruppe von Genen könnte zum Beispiel bei der “Gedächtnisbildung” eine Rolle spielen, andere Gruppen bei der “Antwort auf Schaden” oder “Beseitigung von Abfallstoffen”.
Eine große Gruppe an Genen, die wichtig ist für Synapsen- und Gedächtnisbildung, wird von einem Schaltprotein namens CBP kontrolliert.
CBP ist ein HAT Enzym - es fügt Acetyl-Anhänge an Histone an, und konvertiert sie so zur “unverschlossenen” Form, die es erlaubt, dass DNA abgelesen wird. Aufgrund der Annahme, dass die DNA bei der HK zu dicht gepackt ist, sollte CBP von der guten Seite sein.
Bisherige Studien haben gezeigt, dass das mutierte Huntingtinprotein CBP beeinflusst, und dass die CBP-Werte in HK Tiermodellen und menschlichen Patienten niedriger sind. Zudem überleben Zellen mit der HK Mutation länger, wenn sie aufgrund genetischer Veränderungen mehr CBP produzieren, als gewöhnliche Zellen mit normalen CBP-Werten.
Es war jedoch bisher unklar, ob CBP selbst an den Gedächtnisproblemen der HK beteiligt ist, und ob eine Behandlung, welche die Auswirkung von CBP verstärkt, gegen dieses Symptom helfen würde. Diesen Sachverhalt hat Ginés in Mäusen mit der HK Mutation studiert.
Gedächtnistests
Es gibt verschiedene Arten von Erinnerungen. Sich an Ereignisse aus der Kindheit erinnern ist etwas anderes als an eine Telefonnummer von vor ein paar Sekunden. Wissenschaftler müssen ihre Experimente bewusst planen, um sicher zu stellen, dass sie das Gedächtnis auf die richtige Art und Weise testen.
Ginés und ihre Gruppe verwendeten zwei verschiedene Gedächtnistests. Einer bedient sich der Veranlagung von Mäusen neue Objekte zu erkunden, hier wird das Kurz- und Langzeitgedächtnis für Objekte getestet - das episodische Gedächtnis.
Der andere Test verwendet ein Wasserlabyrinth, um die Fähigkeit der Mäuse zu testen sich an Orte zu erinnern - das räumliche Gedächtnis.
Sie fanden heraus, dass HK Mäuse mit beiden formen des Gedächtnisses Probleme hatten. Die HK Mäuse lernten gut, aber sie vergaßen welche Objekte sie zuvor schon einmal gesehen hatten und verirrten sich im Wasserlabyrinth öfters als Mäuse ohne das HK Gen.
Ist CBP eine Hauptursache der Gedächtnisprobleme in HK?
Nachdem festgestellt wurde, dass die Mäuse Gedächtnisprobleme zeigten, schaute Ginés auf die CBP Werte und auf die Gene, welche von CBP kontrolliert werden, im Hippokampus - er bildet eine zentrale Struktur zur Gedächtnisbildung im Gehirn. Kleine Randbemerkung: der Hippokampus erhielt seinen Namen von dem griechischen Wort für “Seepferdchen”, da er eine ähnliche Form hat.
Die CBP Werte waren im Hippokampus von HK Mäusen sehr viel geringer. Interessanter Weise klebte das gefundene CBP an Klumpen des mutierten Huntingtins - als ob es das CBP “einfangen” würde.
Da CBP Acetylgruppen an Histone anhängt, fragte sich Ginés Gruppe, ob es weniger Acetylgruppen an Histonen von HK Mäusen gibt - und genau das war der fall. Als sie die Aktivität von Gedächtnis-Genen, die von CBP kontrolliert werden, überprüften, war sie geringer als erwartet.
Alles in allem macht es den Anschein, dass das mutierte Huntingtin die hilfreiche Funktion von CBP behindert, wodurch wichtige Gedächtnis-Gene abgeschaltet wurden und die HK Mäuse vergesslich machte.
HDAC Inhibitoren als Rettung?
Da CBP gut für das Gedächtnis zu sein schien, indem es Acetyl-Gruppen an Histone anhängt, versuchte Ginés das Gedächtnis zu schützen, indem sie einen Wirkstoff testeten, der einen ähnlichen Effekt hat.
Sie verwendeten eine Arznei namens Trichostatin, ein Antibiotikum, das Pilze tötet. Trichostatin ist zudem ein HDAC Inhibitor - es erhöht indirekt die Menge an Acetyl-Gruppen an Histonen, indem es die Aktivität der HDAC Enzyme verringert.
Ginés hoffte, dass HK Mäuse, die mit Trichostatin behandelt wurden, die Fähigkeit beibehielten bekannte Objekte wieder zu erkennen. Die behandelten Mäuse besaßen mehr Acetyl-Gruppen an ihren Histonen und wiesen höhere Mengen an Gedächtnis bezogenen Genprodukten auf, wie es erwartet wurde.
Was hat das zu bedeuten?
Störungen des Denkens bilden mitunter die Hauptprobleme bei der Huntingtonkrankheit, sie treten meist früh auf und verschlimmern sich mit dem Voranschreiten der Krankheit. Bisher konnten keine Wirkstoffe gefunden werden, die dieses Symptom in menschlichen Patienten linderten, in diesem Bereich ist man auf echten Fortschritt angewiesen.
Wir waren bereits sehr enthusiastisch über die Möglichkeit, dass HDAC inhibierende Medikamente in der Lage sein könnten, Neurone in der HK zu schützen. Auch wenn erst noch eine erfolgreiche Studie am Menschen durchgeführt werden muss, so gibt es jetzt belegte Ergebnisse in Tiermodellen.
Diese Forschung schürt weiterhin die begründete Hoffnung, dass HDAC Inhibitoren die Gedächtnisfunktionen direkt schützen können, durch eine Stärkung der Genaktivierung.
Sicherere und effektivere HDAC Inhibitor Medikamente sind in Entwicklung und diese Forschung ist ein zusätzlicher Grund hier ein waches Auge zu haben.
Dieser Artikel wurde am 22 Dezember 2011 bearbeitet, um die Beziehung zwischen Histonen, Acetylierung und HAT und HDAC Enzymen in der HK zu verdeutlichen