
GENERATION-HD1 ASO-Studie von Roche und Ionis abgebrochen
EnttÀuschendes von Roche und Ionis: die Phase-III-Studie zur Huntingtin-Verminderung mittels Tominersen wurde vorzeitig gestoppt
Sehr enttĂ€uschende Neuigkeiten erreichten uns gestern von Roche und Ionis, die erklĂ€ren, dass ihre ASO-Studie an Huntington-Patienten abgebrochen wurde. Es gab zwar keine neuen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Therapie, dennoch kam es zu diesem verfrĂŒhten Abbruch. Was bedeutet das und was passiert als NĂ€chstes?
Hintergrund – was war das Ziel der Studie?
Roche und Ionis haben das Medikament Tominersen entwickelt, das auf Antisense-Oligonukleotiden (ASOs) basiert. Mit ASOs kann das Niveau eines bestimmten EiweiĂes gezielt abgesenkt werden, indem die Boten-RNA, die fĂŒr jenes EiweiĂ zustĂ€ndig ist, abgeschaltet wird. Tominersen zielt auf die mRNA des wilden und mutierten Huntingtins ab. Es wurde bereits gezeigt, dass das Medikament den Gehalt von Huntingtin im Gehirn erfolgreich reduzieren kann.
Hierzu gab es eine Phase-I/II-Studie, die sowohl die VertrĂ€glichkeit von Tominersen als auch die Reduktion von Huntingtin bei Huntington-Patienten zeigte. Die bis gestern laufende Phase-III-Studie namens GENERATION-HD1 sollte nun genauere Daten ĂŒber die Wirksamkeit bezĂŒglich der Huntingtin-Verminderung aber auch der Verbesserung von Huntington-Symptomen liefern.
Was ist passiert?
Am 22. MÀrz 2021 veröffentlichte Roche eine Pressemitteilung zum Abbruch der Phase-III-Studie mit Tominersen auf Anraten eines unabhÀngigen Institutes (Independent Data Monitoring Committee = iDMC). Dieses Kommittee hatte die bisherigen Daten aus der Studie zu einer Zwischenauswertung erhalten.
Solche unabhĂ€ngigen Untersuchungen sind sehr wichtig bei klinischen Studien, sie sollen einen neutralen Blick auf die Daten gewĂ€hrleisten. Dazu erhalten sie in regelmĂ€Ăigen AbstĂ€nden Daten aus der laufenden Studie und bewerten, ob die Studie weitergefĂŒhrt werden sollte oder nicht.
Im Allgemeinen werden zwei Fragen gestellt: 1. Sind irgendwelche unerwarteten Sicherheitsbedenken aufgetreten?, 2. Erscheint es extrem unwahrscheinlich, dass die Behandlung Vorteile fĂŒr die Teilnehmenden bringt.
Auch bezĂŒglich anderer Studien haben wir bereits ĂŒber solche Entscheidungen berichtet 1, 2.
Was wissen wir?
Bisher wissen wir sehr wenig. Wir werden in den nĂ€chsten Tagen und Wochen mehr erfahren. Die Pressemitteilung (unten verlinkt) verrĂ€t uns bisher nur, dass es keine unerwarteten Sicherheitsbedenken gab, wir mĂŒssen also ĂŒber die Gesundheit der Teilnehmenden nicht akkut besorgt sein. Weiterhin sagt die Mitteilung, dass das Nutzen/Risiko-Profil nicht ausreichend war. Was das genau bedeutet, wissen wir noch nicht. Es könnte beispielsweise sein, dass das Medikament keine Verbesserung der Huntington-Symptome bewirkt oder sie evtl. sogar verschlechtert. Bisher wissen aber noch nicht einmal die Wissenschaftler von Roche und Ionis, was wirklich der Grund ist. Das unabhĂ€ngige Kommittee hat zunĂ€chst eine schnelle Entscheidung getroffen und diese verkĂŒndet und wird die genaue BegrĂŒndung erst in der nĂ€chsten Zeit an Roche und Ionis mitteilen. Wir mĂŒssen warten.
Was passiert als NĂ€chstes?
Auch das hĂ€ngt von den Daten und der genauen BegrĂŒndung ab, daher wissen wir nicht, was jetzt kommt. Man wird sich eventuell fragen mĂŒssen, ob man frĂŒher mit der Behandlung beginnen muss, oder ob nur die Reduktion des mutierten Huntingtins allein wirklich sinnvoll ist. Vielleicht muss auch die Dosis des Medikamentes geĂ€ndert werden.
Dankbarkeit
Diese Studie war mit mehreren hundert Teilnehmern ein groĂes, globales Projekt und ein wichtiger HoffnungstrĂ€ger fĂŒr die internationale Huntington-Gemeinschaft. Wir sind den freiwilligen Teilnehmenden und ihren Familien fĂŒr immer dankbar. Viele Forscher haben hier sowohl in der Grundlagen- als auch in der angewandten Forschung unermĂŒdlich Einsatz gezeigt. Alle Beteiligten haben trotz der aktuell traurigen Nachrichten GroĂes fĂŒr die Huntington-Forschung geleistet.
Wie geht es weiter?
Ohne Zweifel sind es traurige Tage fĂŒr die Huntington-Gemeinschaft. HD-Buzz ist sehr traurig und enttĂ€uscht. Diese Studie wurde auf höchst professionelle Art und Weise durchgefĂŒhrt und wird uns fĂŒr weitere Studien in der Zukunft eine wertvolle Hilfe sein. Die Huntington-Gemeinschaft mit den betroffenen Familien und Ărzten weltweit hat schon hĂ€ufiger bewiesen, dass sie RĂŒckschlĂ€ge einstecken kann. Wir werden versuchen diesen möglichst schnell abzuschĂŒtteln und weiterzumachen. Immer wieder, solange bis die Huntington-Krankheit nicht lĂ€nger eine Bedrohung fĂŒr uns oder unsere Liebsten darstellt.
Erfahren Sie mehr
For more information about our disclosure policy see our FAQ…