Bearbeitet von Dr Sarah Hernandez, Dr Rachel Harding und Dr Leora Fox Von Dr Leora Fox, Dr Rachel Harding und Dr Sarah Hernandez Übersetzt von Rebecca

Die Ergebnisse der GENERATION HD1-Studie wurden soeben in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht, fast drei Jahre nachdem die Studie abgebrochen wurde. Im März 2021 wurde die HD-Gemeinschaft mit der schwierigen Nachricht konfrontiert, dass die GENERATION HD1-Studie mit dem Huntingtin-senkenden Medikament Tominersen von Roche abgebrochen werden musste. Seitdem wurden die Daten analysiert und die Ergebnisse mitgeteilt, und auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wird eine neue Studie mit dem Namen GENERATION HD2 durchgeführt, für die weltweit neue Teilnehmer rekrutiert werden.

Heute wurde ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Entwicklung von Tominersen erreicht: Die Ergebnisse von GENERATION HD1 wurden in einer viel beachteten wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht. Die Schlussfolgerungen bleiben dieselben, aber Peer-Review und gedruckte Dokumentation sind für den Fortschritt der Wissenschaft immens wichtig. In diesem Artikel fassen wir die Kernaussagen zusammen, untersuchen die Auswirkungen der veröffentlichten Forschungsergebnisse und sprechen über die nächsten Schritte.

Was war GENERATION HD1?

Das Verfahren des "Peer Review" ist in der Wissenschaft von zentraler Bedeutung.
Das Verfahren des “Peer Review” ist in der Wissenschaft von zentraler Bedeutung.
Quelle: Benis Arapovic

Tominersen ist ein Medikament, das an Menschen getestet wird, um festzustellen, ob es dazu beitragen kann, die Verschlechterung der Symptome bei Erwachsenen mit Huntington zu verlangsamen oder aufzuhalten. Es handelt sich um eine Art Gentherapie, ein so genanntes Antisense-Oligonukleotid - kurz ASO -, das durch Injektionen in die Wirbelsäule verabreicht wird. Aus einer früheren Studie wussten wir, dass es Huntingtin, das Protein, das bei der Huntington-Krankheit als schädlich für das Gehirn gilt, senken kann. GENERATION HD1 war eine längere, größere Phase-3-Studie, in der die Patienten alle 8 oder 16 Wochen eine hohe Dosis Tominersen erhielten.

Leider musste die Studie im März 2021 abgebrochen werden, als ein unabhängiger Ausschuss zur Überwachung der Sicherheit feststellte, dass die Sicherheitsrisiken größer waren als der mögliche Nutzen. Tatsächlich schienen diejenigen, die alle acht Wochen Tominersen erhielten, nach einigen Messungen schlimmere Symptome zu haben als diejenigen, die überhaupt kein Medikament erhielten. Seitdem hat Roche die Daten analysiert und sie Wissenschaftlern, Ärzten und der Öffentlichkeit vorgestellt, als neue Informationen zutage traten.

Die wichtigste Erkenntnis ergab sich aus einer nachträglichen Untersuchung, der so genannten “Post-hoc”-Analyse. Es zeigte sich, dass Menschen, die die Studie in jüngerem Alter und mit weniger schweren Symptomen begannen, vielleicht von Tominersen profitiert haben. Aus diesem Grund wurde eine neue Tominersen-Studie mit der Bezeichnung GENERATION HD2 konzipiert. Diese Studie begann im Jahr 2023 und testet Tominersen in einer jüngeren Population mit früheren Huntington-Symptomen.

Die heutigen Nachrichten: eine veröffentlichte Studie

Wenn Sie jetzt denken, dass das alles Schnee von gestern ist, dann liegen Sie nicht falsch! Die neuesten bahnbrechenden Forschungsergebnisse werden auf Konferenzen vorgestellt, wie z. B. auf der jährlichen CHDI-Konferenz zu HD-Therapeutika, die HDBuzz stets twittert und zusammenfasst. Auf diese Weise können Wissenschaftler wichtige Forschungsergebnisse so schnell wie möglich an die Welt weitergeben. Alle bisherigen Aktualisierungen zu GENERATION HD1 stammen von wissenschaftlichen Konferenzen. Die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen dauert etwas länger. Nachdem sie verfasst wurden, durchlaufen sie einen “Peer-Review”-Prozess, bei dem die Daten und Ergebnisse von einer externen Gruppe von Wissenschaftlern geprüft werden.

Peer-Reviews sorgen dafür, dass die Wissenschaft unvoreingenommen, fair und ausgewogen ist. Sie führt jedoch auch zu einer gewissen Verzögerung, weshalb die Ergebnisse von GENERATION HD1 erst jetzt vollständig veröffentlicht wurden. In einer neuen Veröffentlichung im New England Journal of Medicine werden alle Ergebnisse von GENERATION HD1 im Detail vorgestellt. Die Hauptaussage bleibt dieselbe: GENERATION HD1 hat seine primären Endpunkte nicht erreicht, Tominersen war bei einer hohen, häufigen Dosis weder sicher noch wirksam, aber bei einer niedrigeren Dosis und bei Menschen in früheren Stadien der Huntington-Krankheit könnte es etwas bewirkt haben.

Was steht in der neuen Studie?

Im Hauptteil der Studie werden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt, und in einem umfangreichen Anhang werden die Methoden und Statistiken ausführlich erläutert. Es werden einige neue, formale Thesen über den Zusammenhang zwischen den Messungen verschiedener Substanzen im Blut und den beobachteten Veränderungen der Symptome aufgestellt. Aufgrund des frühen Zeitpunkts des Abbruchs und der Variabilität der Daten ist es jedoch schwierig, eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die Studienautoren gehen davon aus, dass Tominersen selbst möglicherweise keine direkten Schäden verursacht oder das Hirngewebe “geschrumpft” hat. Stattdessen vermuten sie, dass diese Nebenwirkungen auf die hohe Dosis zurückzuführen sein könnten, die eine Entzündung verursacht hat. Menschen mit früheren Anzeichen einer Huntington-Erkrankung hatten möglicherweise widerstandsfähigere Zellen, weshalb einige von der Huntingtin-senkenden Wirkung des Medikaments profitiert haben könnten.

Warum ist die wissenschaftliche Veröffentlichung ein Meilenstein?

Roche hat sich dafür entschieden, seine Ergebnisse zu veröffentlichen und sie der Forschungsgemeinschaft und den Familien der Huntington-Patienten während der langen Zeit der Datenanalyse, die zu dieser Veröffentlichung führte, zugänglich zu machen. Und wir haben nicht die Absicht, alte Wunden wieder aufzureißen, indem wir die Enttäuschung über diese Studie ansprechen.

Die Veröffentlichung der Ergebnisse einer klinischen Studie in einer medizinischen Fachzeitschrift ist eine große Sache. Sie bedeutet, dass andere Wissenschaftler und Ärzte als Roche und die Leiter der Studie die Aufgabe hatten, die Daten genau zu prüfen, den Ansatz zu bewerten und Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation zu machen.

Dieser “Peer-Review”-Prozess ist in der Wissenschaft von zentraler Bedeutung: Er kann zu neuen, besseren Experimenten, klareren Erklärungen und mehr Verstand bei der Lösung eines schwierigen Problems führen. Wenn eine klinische Studie über die Huntington-Krankheit in einer renommierten Fachzeitschrift wie dieser erscheint, erhalten die Wissenschaft und die Gemeinschaft mehr Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern, Ärzten und Nachrichtenagenturen.

Die Veröffentlichung ist auch eine Gelegenheit, über den Beitrag der fast 800 Teilnehmer nachzudenken und anzuerkennen, dass sie sich mit Unterstützung ihrer Freunde und Familien selbstlos in die GENERATION HD1-Studie eingeschrieben haben.

Wie geht es mit Tominersen weiter?

Letztendlich lässt sich das Potenzial von Tominersen für die Behandlung der Huntington-Krankheit am besten feststellen, wenn die in dieser Veröffentlichung aufgestellte Theorie getestet wird. GENERATION HD2 tut genau das - die Studie testet Tominersen in einer niedrigeren Dosis bei Menschen, die am ehesten davon profitieren würden. Es handelt sich um eine kleinere “Dosisfindungs”-Studie, mit der ermittelt werden soll, welche Menge des Medikaments am sichersten ist.

Es gibt noch einige andere Unterschiede zwischen GENERATION HD1 und HD2:

  • Startdosis: Bei GENERATION HD1 erhielten die Teilnehmer vor der ersten Dosis eine Dosis Tominersen, um den Wirkstoffspiegel im Körper zu erhöhen. GENERATION HD2 enthält diese “Startdosis” nicht.

  • Menge des Medikaments: GENERATION HD2 testet eine niedrigere Tominersen-Dosis. Während GENERATION HD1 120 mg getestet hat, enthält GENERATION HD2 eine hohe Dosis von 100 mg und eine niedrige Dosis von 60 mg.

  • Häufigkeit: In GENERATION HD2 wird Tominersen weniger häufig verabreicht. Während bei GENERATION HD1 Tominersen alle 8 und 16 Wochen verabreicht wurde, erhalten die Teilnehmer an GENERATION HD2 Tominersen alle 16 Wochen.

Die Studie, die seit Anfang 2023 läuft, rekrutiert weiterhin Menschen mit frühen Huntington-Symptomen im Alter von 25 bis 50 Jahren an Studienstandorten in der ganzen Welt.

Stetige Fortschritte der Forschung werden durch die Beteiligung der Gemeinschaft ermöglicht

Die Veröffentlichung ist auch eine Gelegenheit, über den Beitrag der fast 800 Teilnehmer nachzudenken und anzuerkennen, dass sie sich mit Unterstützung ihrer Freunde und Familien selbstlos in die GENERATION HD1-Studie eingeschrieben haben. Klinische Studien sind äußerst komplizierte Experimente ohne garantierte Ergebnisse, und die mutigen Beiträge aller Studienteilnehmer haben die Huntington-Forschung erheblich vorangebracht.

Viele entscheidende Fortschritte in der Huntington-Forschung sind nur dank des unermüdlichen Einsatzes von Mitgliedern der Huntington-Gemeinschaft möglich gewesen. Das Gen, das die Huntington-Krankheit verursacht, wurde durch die Beteiligung von Huntington-Familien aus Venezuela entdeckt - 18.000 Menschen, die sich über 10 Generationen erstrecken! Die genetischen Faktoren, die zu den Unterschieden im Alter des Krankheitsausbruchs beitragen, wurden dank der 4.000 Menschen mit Huntington in der Gem-HD-Konsortiumsstudie entdeckt. Jetzt, im Zeitalter der klinischen Studien, werden dank der selbstlosen Studienteilnehmer Fortschritte erzielt. Es ist ermutigend, dass die Ergebnisse der GENERATION HD1-Studie in die wachsende wissenschaftliche Literatur aufgenommen wurden.

Leora Fox arbeitet bei der Huntington's Disease Society of America, die Beziehungen zu pharmazeutischen Unternehmen, darunter Roche, unterhält. Sarah Hernandez ist Mitarbeiterin der Hereditary Disease Foundation, für die mehrere der Autoren der in diesem Artikel beschriebenen wissenschaftlichen Veröffentlichung als Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats tätig sind. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...