Wissenschaftler haben ein neues Modell entwickelt, das die verschiedenen Stadien der Huntington-Krankheit (HK) im Detail abbildet. Mithilfe von Ansätzen der künstlichen Intelligenz (KI) konnten die Forscher Informationen aus großen Datensätzen herausfiltern, die bei Beobachtungsstudien von Huntington-Patienten gesammelt wurden. Ein Forscherteam von IBM und der CHDI Stiftung hat in der Fachzeitschrift Movement Disorders ein neues Modell für das Fortschreiten der Huntington-Krankheit veröffentlicht.

Die Vorhersage des Fortschreitens von Huntington-Symptomen ist kompliziert

Die Huntington-Krankheit wird durch eine Verlängerung des Huntingtin-Gens verursacht, die zur Produktion einer erweiterten Form des Huntingtin-Proteins führt. Studien an Labormodellen der Huntington-Krankheit sowie an Menschen, die das Huntington-Gen in sich tragen, zeigen, dass das erweiterte Gen und die Produktion der erweiterten Form des Proteins eine Kaskade von Problemen verursachen. Ausgehend von kleinen molekularen Veränderungen leiden Menschen mit Huntington schließlich an einer Reihe verschiedener Symptome, die das Denken, die Bewegung und die Stimmung betreffen und sich mit der Zeit verschlimmern.

Die ersten Symptome der Huntington-Krankheit zeigen sich in der Regel zwischen dem 30. und 50. Wir wissen seit langem, dass Menschen mit einer größeren Ausdehnung des Huntingtin-Gens dazu neigen, früher Symptome zu bekommen, dass gesunde Lebensgewohnheiten wie eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung das Auftreten von Symptomen verzögern können und dass andere sogenannte genetische “Modifikatoren” ebenfalls Einfluss darauf haben können, wie früh die Krankheit einen Genträger treffen kann.

Es gibt jedoch noch immer viele Unklarheiten darüber, wie die Huntington-Krankheit im Laufe der Zeit fortschreitet und wie sich die Symptome verschlimmern. Um dieses Problem zu lösen, haben Wissenschaftler aus der ganzen Welt zahlreiche Beobachtungsstudien und Studien zum natürlichen Krankheitsverlauf durchgeführt, bei denen die Symptome, Biomarker und andere Messwerte der Patienten im Laufe der Zeit überwacht werden. Dazu gehören PREDICT-HD, REGISTRY, TRACK-HD und Enroll-HD. Zusammen haben diese Studien sehr große Datensätze erzeugt, die mehr als 2.000 verschiedene Messungen von 25.000 Teilnehmern umfassen. Das ist eine Menge wirklich hilfreicher Daten, die alle durch das Engagement der Huntington-Familien bei der Teilnahme an diesen Studien ermöglicht wurden.

Maschinelles Lernen hilft uns, mehr über das Fortschreiten der Huntington-Krankheit zu erfahren

Die gleichzeitige Untersuchung all dieser Datensätze kann den Wissenschaftlern helfen, neue Muster zu erkennen und neue Schlussfolgerungen zu ziehen, aber diese Art der Analyse ist äußerst mühsam und schwierig. Hier kommen die cleveren Informatiker ins Spiel! Mit Hilfe spezieller Programme, die oft als künstliche Intelligenz oder KI bezeichnet werden, können Wissenschaftler neue Methoden anwenden, um die Computer dazu zu bringen, alle Daten gleichzeitig zu analysieren.

„Insgesamt haben diese Studien sehr große Datensätze erzeugt, die mehr als 2.000 verschiedene Messungen von 25.000 Teilnehmern umfassen. Das ist eine Menge wirklich hilfreicher Daten, die durch die engagierte Teilnahme von Huntington-Familien an diesen Studien ermöglicht wurden. “

Ein häufig genutzter KI-Ansatz ist das sogenannte maschinelle Lernen. Diese Art von KI-Software wird besser bei der Vorhersage bestimmter Ergebnisse, indem sie Modelle aus Trainingsdatensätzen erstellt, mit denen sie “lernt”, ohne ausdrücklich dafür programmiert zu werden. Maschinelles Lernen ist ein eigenständiges Gebiet in der biomedizinischen Forschung, findet aber auch in vielen anderen Bereichen wie E-Mail-Filterung und Spracherkennung Anwendung.

Die Forscher von IBM und CHDI nutzten Ansätze des maschinellen Lernens, um ein neues Modell zu entwickeln und zu testen, mit dem sich der Verlauf der Huntington-Krankheit verstehen und verschiedene Krankheitsstadien kategorisieren lassen. Das Modell wurde dann anhand einer Reihe verschiedener Messwerte getestet, die in der Huntington-Forschung üblicherweise erhoben und zusammengestellt werden und den Krankheitsverlauf verfolgen, darunter die Unified Huntington’s Disease Rating Scale (UHDRS), die Gesamtfunktionsfähigkeit (TFC) und das CAG-Altersprodukt, auch CAP-Score genannt.

Das neue Modell definiert 9 Stadien der Huntington-Krankheit, die alle durch verschiedene Messungen zur Bewertung der Bewegung, des Denkens und der alltäglichen Funktionen beschrieben werden. Diese Zustände reichen von den frühen Stadien der Krankheit, bevor die motorischen Symptome beginnen, bis hin zu den späten Krankheitsstadien, die die schwersten Symptome aufweisen. Das Modell konnte vorhersagen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Studienteilnehmer zwischen den Stadien wechseln, und wie lange sie in den verschiedenen Phasen der Huntington-Krankheit verweilen. Während in anderen Studien festgestellt wurde, dass sich der gesamte Krankheitsverlauf über einen Zeitraum von etwa 40 Jahren erstreckt, haben die Forscher hier zum ersten Mal die voraussichtliche Zeitspanne vorhergesagt, die Huntington-Patienten in jedem der neun Stadien verbringen werden, die in dem neuen Modell beschrieben wurden.

Neue Modelle zum Fortschreiten der Huntington-Krankheit werden hoffentlich die Planung klinischer Studien unterstützen

Dieses praktische neue 9-Stufen-Modell des Verlaufs der Huntington-Krankheit kann Wissenschaftlern und Klinikern helfen, mehr über die verschiedenen Stadien der Huntington-Krankheit und die Zeitspannen zu erfahren, die Menschen mit Huntington brauchen, um von einem Stadium zum nächsten zu gelangen. Die Forscher von IBM und CHDI sind der Ansicht, dass diese Informationen dazu beitragen könnten, die am besten geeigneten Teilnehmer für bestimmte klinische Huntington-Studien auszuwählen, robuste Biomarker für die Überwachung des Krankheitsverlaufs zu ermitteln und bessere klinische Studien zu konzipieren.

Dies ist ein spannender Schritt nach vorn für die Huntington-Forschung, und wir freuen uns darauf, mehr über andere KI-Anwendungen in der Huntington-Forschung zu erfahren, wenn neue Ansätze entwickelt werden und dieses spannende Wissenschaftsgebiet weiter reift.

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