Presseschau: Neuigkeiten zu Gentherapie und weiteren Ansätzen
Voyager meldet ein Umdenken in ihrer Forschung zur Huntington-Krankheit: Die Folgen sind die Absage der angekündigten klinischen Studie, aber auch die Aussicht auf eine weniger invasive Behandlung. Das und mehr aus der aktuellen Forschung hier.
Von Dr Leora Fox und Dr Sarah Hernandez 27. August 2021 Bearbeitet von Dr Jeff Carroll Übersetzt von Rebecca Ursprünglich veröffentlicht am 16. August 2021
Eine kürzliche Bekanntmachung durch Voyager Therapeutics kündet von einem Wandel in der Strategie des Unternehmens hin zu einer neuen Verabreichungsmethode für Gentherapien. Leider bedeutet das auch, dass kurzfristig Studien abgesagt werden müssen, die auf Voyager’s altem Ansatz beruhten. Langfristig wird Voyager nun aber einen sicherere und präzisere Behandlungsmethode weiterentwickeln. HDBuzz nimmt diese Verlautbarung zum Anlass, mal wieder eine Übersicht der aktuellen Forschungslandschaft in Sachen Gentherapie zusammenzustellen.
Voyager
Am 09.08.2021 meldete Voyager zusammen mit ihrem Finanzreport und Änderungen in der Unternehmensführung auch ein Umdenken in Bezug auf ihre Forschung. Der Fokus liegt ab jetzt auf einer verbesserten Verabreichungsmethode der Gentherapie, sowie auf einer eigenen Entwicklungsplattform. Mögliche Behandlungen seltener Krankheiten wie der Huntington-Krankheit sollen weniger invasiv und effektiver werden.
Auch bisher hat Voyager (ebenso wie andere Unternehmen) mit harmlosen Adeno-assoziierten Viren (AAV) gearbeitet, die die Medikation dorthin im Körper bringen, wo sie gebraucht wird. Die im Virus verpackte Genbehandlung bewirkt in den Zellen den Aufbau eines “Gegengiftes” gegen das Huntingtin-Protein. Aufgrund der Blut-Hirn-Schranke, die den Austausch vieler Stoffe zwischen Blutkreislauf und Gehirn unterbindet, um unser Gehirn zu schützen, stellte die Verabreichung bisher allerdings eine riesige Herausforderung dar. Mit einem neuartigen AAV ist es Voyager nun gelungen, diese Schranke in gewisser Weise zu überwinden.
Tests an Affen zeigten, dass die neuen Viren in der Lage sind, die Wirkstoffe nicht nur sicherer, sondern auch wirksamer und besser steuerbar an ihren Bestimmungsort zu bringen.
Die Bedeutung für eine Gentherapie bei Huntington
Bisher konnten AAV nur mittels einer Schädeloperation in das menschliche Gehirn eingebracht werden, während für die neue Art von AAV eine Injektion in die Blutbahnen ausreicht.
Eine direkte Auswirkung dieser Entdeckung ist, dass bereits geplante Studien - Bspw. “VYTAL”, hier sollte das Medikament VY-HTT01 gegen die Huntington-Krankheit ab Ende 2021 untersucht werden - nun abgesagt wurden. Immerhin waren hierfür noch keine Patienten angemeldet. Dieser kurzfristige Rückschlag geschieht zu Gunsten der langfristigen Aussicht auf eine bessere Therapiemöglichkeit.
„Der Fokus liegt ab jetzt auf einer verbesserten Verabreichungsmethode der Gentherapie, sowie auf einer eigenen Entwicklungsplattform. Mögliche Behandlungen seltener Krankheiten wie der Huntington-Krankheit sollen weniger invasiv und effektiver werden. “
Weitere Gentherapien
Eine kurze Zusammenstellung weiterer erfolgversprechender Ansätze für Gentherapien der Huntington-Krankheit:
UniQure: In einer laufenden klinischen Studie wurden bis jetzt 12 von geplanten 26 Patienten einer Schädeloperation unterzogen. UniQure untersucht (verblindet und randomisiert) die Wirksamkeit des Medikaments AMT-130, dass den Gehirnzellen einen Bauplan für ein Mittel gegen Huntingtin-RNA zur Verfügung stellen soll, sodass diese nach einmaliger Behandlung in der Lage sein sollen, ab diesem Zeitpunkt die Menge an Huntingtin herabzusetzen.
Spar, Sanofi, AskBio: diese Firmen sind in der vorklinischen Phase der Entwicklung weiterer Gentherapien.
Takeda: Der Zink-Finger-Ansatz, Auf HDBuzz seit 2012 thematisiert, und 2019 noch einmal auf Grund einer größeren Huntington-Maus-Studie aufgegriffen. Ursprünglich von Sangamo Therapeutics entwickelt, hat nun Takeda das Programm übernommen. Der besondere Reiz der Therapiemöglichkeit ist ihre Selektivität, die das gezielte Ansteuern von mutiertem Huntingtin erlaubt, während das gewöhnliche Huntingtin erhalten bleiben kann.
RNA-verändernde Medikamente
Wave Life Sciences: Nach einer chemischen Veränderung ihrer ASO-Wirkstoffe, will Wave noch Ende dieses Jahres 2021 mit einer klinischen Studie zu ihrem Medikament WVE-003 beginnen. Auch hier handelt es sich um einen selektiven Wirkstoff, der allein auf die mutierte Form des Huntingtins abzielt.
Novartis und PTC Therapeutics entwickeln “Splice-Modulatoren”, die in Tablettenform eingenommen werden können. Novartis möchte mit Branaplam ebenfalls ab Ende des Jahres mit einer klinischen Studie beginnen.
NeuBase Therapeutics entwickelt ein weiteres, selektives ASO-Medikament namens NT0100.
Vico Therapeutics haben im Juli 2021 gemeldet, dass ihnen in den USA der Status “Arzneimittel für seltene Krankheiten” (Orphan Drug Designation) für ihr ASO namens V0659 gewährt wurde.
„Es gibt vielerlei engagierten Einsatz zahlreicher Firmen auf dem Gebiet der Gentherapie und anderer Behandlungsmöglichkeiten. “
Atalanta und Alnylam/Regeneron entwickeln RNA-beeinflussende (RNA interference = RNAi) Medikamente, die ähnlich wie ASOs wirken und wiederkehrende Verabreichung erfordern.
Weitere Ansätze
Es gibt auch Bemühungen der Krankheit auf andere Weisen Herr zu werden, beispielsweise durch ein Verbesserung der Verbindungen von Neuronen. Wiederum andere Forschung beschäftigt sich gezielt mit bestimmten Symptomen wie Aggression, Gedächtnisverlust oder Bewegungsstörungen. Hierzu gab es von uns ebenfalls bereits eine Zusammenfassung. Es gibt auch die Idee, dass man das bereits entstandene, schädliche Huntingtin-Eiweiß aus den Zellen wegschaffen könnte, um Entzündungen zu reduzieren und weitere mehr. Glücklicherweise gibt es immer wieder neue Impulse auf dem Gebiet der Huntington-Forschung.