Von Daniel O’Reilly Bearbeitet von Dr Leora Fox Übersetzt von Rebecca

Eine kürzlich durchgeführte klinische Studie zur Sicherheit der Genschere CRISPR für die Reduzierung eines toxischen Eiweißes bei Betroffenen der Krankheit “Familiäre Amyloidpolyneuropathie” verlief erfolgreich. Auch wenn es hier nicht um die Huntington-Krankheit geht, kann man daraus Hoffnung schöpfen, denn es gelang zum ersten Mal, die Genschere bei einer menschlichen Erbkrankheit einzusetzen.

CRISPR-Cas9

Clustered Regularly Interspaced Palindromic Repeats (CRISPR), ist der Name eines Genbearbeitungssystems, das seit seiner Entdeckung im Jahr 2014 die Welt der Wissenschaft im Sturm erobert hat. Seine Bedeutung ist so groß, dass die beiden Forscherinnen, die es entdeckten, Jennifer Doudner und Emanuelle Charpentier, im Jahr 2020 dafür den Nobelpreis erhielten. Das CRISPR-Cas9-System verhält sich in Bezug auf die DNA wie ein GPS-System, das navigieren kann und wie eine mikroskopisch kleine Schere. Die Navigation wird mithilfe eines Stücks RNA durchgeführt, welches die Stelle in der DNA findet, die bearbeitet werden soll. Das Cas9-Eiweiß kann dann die Doppelhelix-DNA an der Stelle auseinanderwickeln und zerteilen. Im Anschluss kann hier neue genetische Information eingefügt werden und die zelleigenen natürlichen DNA-Reparaturmechanismen genutzt werden, um den Bereich auszuheilen.

Das CRISPR-Cas9-System verhält sich in Bezug auf die DNA wie ein GPS-System, das navigieren kann und wie eine mikroskopisch kleine Schere.
Das CRISPR-Cas9-System verhält sich in Bezug auf die DNA wie ein GPS-System, das navigieren kann und wie eine mikroskopisch kleine Schere.

Um CRISPR-Cas9 zu transportieren, nutzen Wissenschaftler Lipid-Nanopartikel. Es handelt sich dabei um winzige Fettkügelchen (100.000 mal kleiner als ein menschliches Haar). Sie können viele Medikamente im menschlichen Körper an den Bestimmungsort transportieren, neben CRISPR-Cas9 auch mRNA-basierte COVID-Impfstoffe.

Familiäre Amyloidpolyneuropathie

Es handelt sich um eine seltene, genetische Erkrankung, die auf ein mutiertes Gen zurückzuführen ist. Es kommt dabei zu Verklumpungen von überflüssigem Amyloid-Eiweiß in verschiedenen Organen. Die Symptome der Patienten hängen davon ab, welche Organe im individuellen Fall betroffen sind. Wenn beispielsweise das Gehirn betroffen ist, kann das zu Taubheit in den Extremitäten führen.

Häufig ist die Leber betroffen. Die Anhäufung von Amyloid führt zu dem Verlust ihrer Fähigkeit der Regulierung wichtiger Aminosäuren und Nährstoffe im Blut, sodass schließlich keine andere Option als eine Lebertransplantation mehr bleibt. Es gibt zwar ein Medikament namens Patisiran, das auf siRNA basiert, dieses muss aber mehrfach im Jahr eingenommen werden und kostet mehr als 100.000 Dollar pro Anwendung. Die Genbearbeitung hingegen könnte eine einmalige Behandlung möglich machen.

Die Ergebnisse

Die Ergebnisse der vorliegenden klinischen Studie, die durch die Firmen Intellia Therapeutics und Regeneron Pharmaceuticals mitfinanziert wurde, bringt zum ersten Mal den Nachweis einer erfolgreichen Genbearbeitung mit CRISPR im menschlichen Patienten. Zuvor hatte es schon Verfahren gegeben, bei denen Menschen Blut entnommen wurde, welches außerhalb des Körpers genetisch bearbeitet und danach den Patienten zurückgegeben wurde. Dieses Mal wurde die Genbearbeitung direkt in der Leber durchgeführt.

Diese Phase-I-Studie an Betroffenen der Familiären Amyloidpolyneuropathie zeigt, dass sowohl die Verabreichung des CRISPR-Cas9-Wirkstoffes als auch die Genbearbeitung am Menschen erfolgreich durchgeführt werden können.

Da es sich um eine Studie der Phase I handelt, lag der Fokus auf der Sicherheiit und Verträglichkeit der Methode. Nichtsdestotrotz zeigen die Ergebnisse bereits darüber hinaus eine erfolgreiche Stummschaltung des mutierten Gens und eine dadurch bedingte Abnahme der Konzentration des schädlichen Proteins im Blut. Die Patienten beschrieben nur leichte Nebenwirkungen. Es werden allerdings noch Studien mit höheren Teilnehmerzahlen folgen müssen, um die Nebenwirkungen noch genauer zu erforschen.

Mögliche Hindernisse für CRISPR bei Nervenkrankheiten

Auch wenn es bei der vorliegenden Studie nicht um die Huntington-Krankheit geht, wollten wir darüber auf HDBuzz berichten. Weiterhin hat die Weltgesundheitsorganisation WHO kürzlich ethische Richtlinien veröffentlicht, die vertretbare Grenzen für die Genbearbeitung setzen und an dieser Stelle wurde auch die Huntington-Krankheit als Beispiel genannt, anhand dessen die Richtlinien unter anderem ausgearbeitet wurden. Viele Wissenschaftler beschäftigen sich mit Wegen der sicheren und wirksamen Genbearbeitung, dazu gehört auch der gezielte Transport des Wirkstoffes zum Gehirn.

Gleichzeitig gibt es Etliches, was zum Thema Genbearbeitung noch unerforscht ist. Auch bei der vorliegenden Studie ist noch nicht betrachtet worden, ob die Behandlung schlussendlich überhaupt zu einer Verbesserung der krankheitsbedingten Symptome führt. Außerdem ist noch zu wenig darüber bekannt, ob CRISPR auch ungewollte Veränderungen an anderen Genen durchführt.

Wie immer werden auf die Phase-I-Studie also noch weitere Studien folgen müssen und es liegt noch ein weiter Weg vor CRISPR bevor es dann eventuell als Medikation auf den Markt kommen kann.

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...