Von Dr Leora Fox Bearbeitet von Dr Sarah Hernandez Übersetzt von Rebecca

Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat kürzlich ein innovatives Wirksystem entwickelt, bei dem ein oral eingenommenes Medikament die Kontrolle für die Genbearbeitung, beispielsweise durch CRISPR, übernehmen kann. Es erleichtert die Forschung in Zellkulturen und Tiermodellen, aber vor allem könnte es für einen zielgenaueren und sichereren Einsatz von Gentherapien beim Menschen führen. Obwohl die Technologie für ein weites Spektrum genetischer Forschung eingesetzt werden kann, wurde sie tatsächlich von Forschern mit Huntington-Expertise im Rahmen der Arbeit an einem für Huntington-relevanten Medikament entwickelt. Klinische Studien hierzu liegen noch weit in der Zukunft, aber die Firma, die diese Technologie zum Patent angemeldet hat, hat an der Weiterentwicklung ein starkes Interesse.

Eine besser kontrollierbare Gentherapie

Wenngleich sich die Methoden der Verabreichung von Gentherapie in den letzten Jahren bereits stark verbessert haben, hatte man bisher keine Kontrollmöglichkeit ihrer Wirkung am jeweiligen Bestimmungsort (Gehirn oder andere Orte im Körper). Idealerweise sollte man jedoch in der Lage sein, den Ort der Genbearbeitung, die Menge an Genbearbeitung und einen Abbruch der Genbearbeitung steuern zu können. Insbesondere die letzten beiden Punkte waren bisher herausfordernd bis unmöglich.

Das X<sup>on</sup>-System kann wie eine rote Ampel wirken, die ein Gen an- oder abschaltet. Die Ampel bzw. der Schalter werden in diesem System zusammen mit den gewünschten Genen in einem Paket verabreicht (bisher in Zellkulturen oder Tiermodellen im Labor).
Das Xon-System kann wie eine rote Ampel wirken, die ein Gen an- oder abschaltet. Die Ampel bzw. der Schalter werden in diesem System zusammen mit den gewünschten Genen in einem Paket verabreicht (bisher in Zellkulturen oder Tiermodellen im Labor).
Quelle: Ray Miller

Nun wurde ein genetisches Schaltsystem namens Xon publiziert, das eine neue Herangehensweise bietet. Eine Forschergruppe unter Beverly Davidson am Children’s Hospital of Philadelphia arbeitete zusammen mit Wissenschaftlern des Pharmaunternehmens Novartis. Die Idee hinter Xon war die Entwicklung einer Genbearbeitungstechnologie, die eine zielgenaue Ablieferung der Medikation ermöglicht und es erlaubt, diese anschließend im Laufe der Zeit an- und abzuschalten.

Wie funktioniert das?

Mithilfe des Xon-Systems können die Wissenschaftler jedes beliebige Gen zeitweise an oder ausschalten, indem sie das Gen und den Schalter gemeinsam in einem Paket einer Zellkultur in der Petrischale oder auch einem lebendigen Tiermodell zuführen. Zunächst ist das neue Gen dann vorhanden, aber inaktiv, solange bis der Schalter umgelegt wird, um es anzuschalten. Das Umlegen des Schalters erfolgt dabei durch die Gabe eines weiteren Medikamentes.

Je nach Dosis dieses Medikamentes können mehr oder weniger Schalter in den Zellen umgelegt werden, sodass eine stufenlose Einstellung der Gentherapie möglich wird.

Für eine kürzlich erschienene Veröffentlichung des Journals “Nature”, erprobte Davidson’s Gruppe die Technologie an einer Vielzahl von Genen, die neurodegenerative Krankheiten oder verschiedene Krebsarten verursachen und konnte zeigen, dass die Aktivität dieser Gene dosisabhängig mithilfe des Ausschalt-Medikamentes kontrolliert werden kann.

Xon in Kombination mit der Genschere CRISPR

Noch spannender könnte die Verbindung von Xon mit CRISPR sein. Das vorliegende Papier zeigt die Möglichkeit einer Kombination beider Instrumente am Mausmodell. Davidson’s Gruppe betrachtete ein künstliches Gen, dass für ein grünes Leuchten in Leberzellen von Mäusen sorgt, um die Kontrollierbarkeit von CRISPR durch Xon zu demonstrieren. Die Hoffnung ist, dass diese Vorgehensweise auf Therapien am Menschen übertragbar ist.

Eine direkte und unumkehrbare Bearbeitung unserer DNA birgt hohe Risiken. Vor Kurzem berichteten wir von der ersten erfolgreichen Anwendung von CRISPR am Menschen überhaupt im Rahmen der Forschung zu einer genetisch bedingten Lebererkrankung. Es ist deshalb große Vorsicht geboten, weil niemand vorhersagen kann, welche ungewollten Nebenwirkungen sich durch so einen Eingriff ergeben. Da sich Leberzellen immer wieder neu bilden, ebbt der Effekt einer CRISPR-Behandlung mit der Zeit ab, während Nervenzellen im Gehirn nicht neugebildet werden und jegliche Schäden wirklich dauerhaft sind.

Der kombinierte Einsatz des Xon-Systems und CRISPR-Cas9 würde bedeuten, dass die Einnahme einer Tablette die Genschere an- oder abschalten könnte.

Durch Xon ergibt sich nun plötzlich die Möglichkeit eine Genbearbeitung präzise zu regulieren, man könnte schrittweise vorangehen, bzw. die Genbearbeitung bei ungewünschten Auswirkungen ganz stoppen. Jedoch ist diese Möglichkeit in Bezug auf die Anwendung im Menschen noch theoretisch.

Bedeutung für Huntington

Die Tatsache, dass die Huntington-Krankheit auf ein einziges, bekanntes Gen zurückzuführen ist, macht sie seit Jahrzehnten zu einem beliebten Forschungsfeld für Gentherapien.

Das Xon-System benötigt ein Medikament, das den Schalter betätigt und hierbei handelt es sich tatsächlich um das uns bekannte Branaplam. Dieses Branaplam also, mit dem Novartis schon bald klinische Studien zu Huntington durchführen möchte.

Xon unterstreicht also die Bedeutung der Forschung an Branaplam, das wie in der vorliegenden Veröffentlichung als nützlicher “Dimmschalter” für die Genbearbeitung eingesetzt werden könnte.

Leora Fox arbeitet für die Huntington's Disease Society of America, die Beziehungen und Geheimhaltungsvereinbarungen mit vielen Pharma-Firmen inne hat, darunter Novartis. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...