Von Dr Rachel Harding, Dr Sarah Hernandez und Joel Stanton Bearbeitet von Dr Jeff Carroll Übersetzt von Rebecca

Rachel und Sarah berichten weiter von der Huntington’s Disease Therapeutics Conference, der größten jährlichen Versammlung von Huntington-Forschern weltweit.

Alles über Tag 1 können Sie hier nachlesen!

Guten Morgen zusammen! Wir befinden uns am zweiten Tag hier in Palm Springs und sind gespannt auf alles, was wir heute hören werden!

Es gibt bereits über 20.000 Teilnehmer an der Enroll-HD-Studie, wunderbar!
Es gibt bereits über 20.000 Teilnehmer an der Enroll-HD-Studie, wunderbar!

Mittwoch - Der Weg zur Vorbeugung

Den ersten Vortrag hält Ariana Mullin vom “Critical Path Institute”, einem gemeinnützigen Verein zur Förderung neuer Medizinprodukte. Diese Organisation stellt sie hier vor.

Die Institutsmitglieder tragen Erfahrungen aus vielen unterschiedlichen Forschungsgruppen zusammen. Sie haben dafür Rahmenbedingungen festgelegt, um sicherzustellen, dass alle das gleiche Verständnis von Begrifflichkeiten und Definitionen haben und diese konsistent verwendet werden. Das große Ziel ist die Beschleunigung der Entwicklung und Zulassung von Medikamenten.

HDBuzz hat früher schon einmal über dieses Institut berichtet.

Die nächste Vortragende ist Swati Sathe von der CHDI-Stiftung. Sie erklärt, wie mithilfe von großen Datenmengen aus der Enroll-HD-Studie verschiedene Stadien und Symptome der Huntington-Krankheit definiert werden sollen. Über Enroll-HD wurden nun seit vielen Jahren schon Daten von Huntington-Patienten gesammelt. Anhand dieser großen Datensammlung halten die Wissenschaftler Ausschau nach bestimmten Mustern, die für die Krankheit typisch sind. Das kann für der Planung und Ausgestaltung von klinischen Studien interessant sein. Die Teilnehmer an der Enroll-HD-Studie, die sich jährlich untersuchen lassen, müssen dabei ihre Genetik nicht kennen. Es bleibt ihnen weiterhin selbst überlassen, aber dennoch kann die Forschung wertvolle Informationen erhalten. Es ist auch nicht von Bedeutung für die Teilnahme, ob man Symptome zeigt oder nicht. Vielmehr wird ein Gesamtbild des Fortschreitens der Krankheit aus allen möglichen Stadien entwickelt. Darüberhinaus sind die erhaltenen Daten einer breiten Forschungsgemeinschaft zugänglich, sodass man sich schnelle Fortschritte in der Forschung auf ihrer Grundlage erhofft. Enroll-HD ist allerdings nicht die einzige beobachtende Studie zur Huntington-Krankheit. Auch in der Studie “TRACK-HD” wurden große Datenmengen gesammelt, in diesem Fall zur Veränderung im Gehirn von Patienten. Es hilft der Forschung sehr, wenn viele Freiwillige an solchen Studien teilnehmen.

Eine ganz neue und spannende Initiative ist Self Enroll. Dabei handelt es sich um eine digitale Version von Enroll-HD, bei der aktuelle Daten von Patienten online übermittelt werden könnten, sodass eine oft lange Anreise zum nächsten Studienzentrum nicht mehr nötig wäre. Man erhofft sich davon eine noch größere Bereitschaft zur Teilnahme.

Englischsprachige Informationen zu Enroll-HD.

Tabrizi stellte fest, dass es grundsätzlich keine Unterschiede in der Art des Denkens zwischen Huntington-Patienten und Nicht-Huntington-Patienten gab.
Tabrizi stellte fest, dass es grundsätzlich keine Unterschiede in der Art des Denkens zwischen Huntington-Patienten und Nicht-Huntington-Patienten gab.

Und schon ist Sarah Tabrizi vom University College London an der Reihe und berichtet uns von der Forschung ihrer Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Huntington-Krankheit bei jungen Erwachsenen. Durch das Untersuchen dieser Zielgruppe wollen die Wissenschaftler den besten Zeitpunkt für (den Beginn) einer Behandlung der Krankheit herausfinden. Es ist nun seit langer Zeit bekannt, dass sich die Gehirne von Genträgern lange bevor die ersten Symptome auftreten verändern können. Solche Veränderungen können klinisch erfasst werden: beispielsweise über Biomarker - also Moleküle, deren Anwesenheit und Menge im Körper das Fortschreiten einer Krankheit verrät, bzw. eine erfolgreiche Behandlung anzeigen kann.

Sarah Tabrizi lies bei allen an der Studie teilnehmenden Patienten über bildgebende Verfahren die Gehirnstruktur und -funktion detailliert untersuchen und sammelte große Datenmengen. Außerdem wurden Nervenwasser- und Blutproben bei den Patienten entnommen, um Biomarkerdaten zu gewinnen. Es wurden Vergleiche zwischen Patienten mit und ohne die Huntington-Krankheit bzw. bevor und nach dem Ausbruch von Symptomen erstellt. Zusätzlich gab es Denkaufgaben für die Teilnehmer, hier stellte Tabrizi fest, dass es grundsätzlich keine Unterschiede in der Art des Denkens zwischen Huntington-Patienten und Nicht-Huntington-Patienten gab.

Einer der untersuchten Biomarker war ein Intermediärfilament namens “Neurofilament Light”, kurz NF-L. Vor nicht allzu langer Zeit wurde gezeigt, dass NF-L an Menge stark zunimmt, während die Krankheit fortschreitet. Weiterhin zeigt sich eine starke Zunahme des NF-L-Niveaus bei Huntington-Patienten auch schon sehr früh, noch bevor Symptome auftreten oder eine klare Schrumpfung im Gehirn festzustellen ist. Unseren ausführlichen Artikel hierzu finden Sie hier.

Es könnte sich hier also um einen sehr guten Biomarker handeln und man könnte noch vor Ausbruch der Krankheit wesentliche Veränderungen bei den Patienten feststellen.

Weiter gehts an diesem Mittwoch mit Jianying Hu vom IBM T. J. Watson Research Center. Auch in ihrem Vortrag geht es um Forschung am Fortschreiten der Huntington-Krankheit.

Hu und IBM arbeiten zusammen mit der CHDI-Stiftung am Verständnis der Huntington-Krankheit mithilfe der Datensätze aus verschiedenen großangelegten Studien. Es geht also wie Sie sehen immer wieder darum, dass große Gruppen von Forschern zusammmenarbeiten und dass sie auf große Datenmengen zurückgreifen können. Hu sammelt sowohl Daten zur Gesamtheit der Huntington-Patienten als auch zu individuellen Betroffenen. Sie verwendet neueste Computermodelle, um ein Modell des Fortschreitens zu erstellen. Insgesamt können Sie auf Daten aus vier Jahrzehnten Forschung zurückgreifen.

Hu hat in ihrem Modell 9 verschiedene Krankheitsstadien definiert, denen ein Patient später zugeordnet werden könnte. Insbesondere die frühen Stadien sollen im nächsten Schritt nun genauer untersucht werden.

Hu bei der Präsentation der vielen verfügbaren Datensätze.
Hu bei der Präsentation der vielen verfügbaren Datensätze.

Den nächsten Vortrag hält Steven McCarroll von Harvard, der uns von seiner Huntington-Forschung mithilfe der Analyse einzelner Zellen erzählt. Sein Ziel ist es, durch diese Zellanalyse etwas ähnliches zu erreichen wie die anderen Forscher durch die Datenanalyse: das Aufspüren von Biomarkern, aber auch von Ansätzen für Therapien. Während Neuronen die Hauptzellgruppe in unserem Gehirn sind, gibt es noch weitere und mit denen beschäftigt sich McCarroll. Das ist wichtig, denn die Huntington-Krankheit betrifft jede Zelle. Mit Computermodellen und lernender Software kann McCarroll die unterschiedlichen Zelltypen zuordnen - die Software hat seine Gruppe der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und sie wurde schon über 25.000 mal heruntergeladen! Es konnten auch neue Zelltypen im Gehirn mithilfe dieser Software identifiziert werden. Diese Zelltypen finden sich beispielsweise nicht in den Gehirnen von Mäusen, aber man konnte sie in den Gehirnen von Affen wiederfinden.

Als weiteren Schritt wollte McCarrolls Team mithilfe der Software das Fortschreiten der Huntington-Krankheit beobachten und in verschiedenen Krankheitsstadien nach Biomarkern forschen, indem sie sich anschauten, welche Zellarten sich bei Patienten im frühen Stadium finden und welche im späten Stadium. Es ist seit geraumer Zeit bekannt, dass einer der empfindlichsten Zelltypen im Zusammenhang mit der Huntington-Krankheit die SPNs (Engl.: spiny projection neuron) sind. McCarroll konnte mit seiner Methode zeigen, dass ihre Anzahl im Verlauf der Krankheit ständig abnimmt.

Im Hinblick auf Biomarker sind SPNs auch von Interesse, denn einer der von McCarroll identifizierten Biomarkern findet sich nur in diesen Zellen. Man könnte also evtl. in der Zukunft beispielsweise durch eine Nervenwasserentnahme herausfinden, wie viele SPNs im Gehirn noch vorhanden sind.

Und das war es für heute, in Kürze folgt noch der Bericht von Tag 3 der Konferenz mit dem Schwerpunkt auf Huntingtin-Verminderung. Bleiben Sie uns gewogen.

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...