Sarah HernandezVon Dr Sarah Hernandez Bearbeitet von Dr Leora Fox Übersetzt von Rebecca

Zwei verschiedene Forschergruppen haben kürzlich Arbeiten über die Blut-Hirn-Schranke (BHS) veröffentlicht. Man kann sich die BHS wie einen Türsteher vorstellen, der den Pöbel aus dem VIP-Bereich des Gehirns fernhält. Eine Gruppe hat die Modellierung der Gehirnschranke im Labor mit Hilfe von Stammzellen vorangetrieben. Eine andere Gruppe entwickelte ein harmloses Virus, das intravenös verabreicht werden kann und die Hirnschranke überwindet, um Medikamente zu verabreichen. Zwar wurde die Huntington-Krankheit in keiner der beiden Veröffentlichungen speziell untersucht, doch beide können die Erforschung der Krankheit im Labor und schließlich die Behandlung der Krankheit voranbringen.

Ihr Gehirn ist ein VIP-Bereich

Ihr Gehirn ist wie eine VIP-Bereich - nicht alles, was in Ihrem Blut und Körper herumschwimmt, darf dort hinein. Bakterien und Viren, die zwar Ihren Magen oder Ihre Lunge krank machen könnten, haben keinen Zutritt zum Gehirn. Auch bestimmte Medikamente wie Antibiotika sind ausgeschlossen.

Dies ist ein Bild der vielen Blutgefäße des Gehirns. Die Zellen, die diese Gefäße auskleiden, bilden die Blut-Hirn-Schranke.
Dies ist ein Bild der vielen Blutgefäße des Gehirns. Die Zellen, die diese Gefäße auskleiden, bilden die Blut-Hirn-Schranke.

Der Türsteher des Gehirns wird Blut-Hirn-Schranke oder kurz BHS genannt. Die BHS ist unglaublich wählerisch, was in unser Gehirn gelangen darf. Sie wird schon sehr früh in der Entwicklung angelegt, noch bevor wir geboren werden. Da das Gehirn so empfindlich ist, sorgt die BHS dafür, dass nur privilegierte Moleküle und Substanzen eindringen können.

Viele Menschen stellen sich eine Membran vor, die das Gehirn von außen umhüllt, doch die BHS wird in Wirklichkeit von den Blutgefäßen gebildet, die das Gehirn durchziehen. Denken Sie eher an die Samtbänder, die Straßen mit exklusiven Clubs säumen, als an eine Glaskuppel, die über der Stadt thront. Die BHS ist ein dichtes Geflecht von Zellen, die die Blutgefäße des Gehirns auskleiden und sorgfältig auswählen, welche Stoffe hineingelassen und welche mit jedem Herzschlag weitergepumpt werden, bis sie die Samtbänder entlang der Straßen des VIP-Eingangs des Gehirns passieren.

Vor- und Nachteile des VIP-Türstehers

Dass wir so wählerisch sind bei der Auswahl der Substanzen, die wir aufnehmen dürfen, trägt zur Gesunderhaltung unseres Gehirns bei. Aber sie stellt auch ein Problem für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Hirnerkrankungen dar. Die BHS arbeitet zu unseren Gunsten, wenn sie unerwünschte Gäste fernhält, aber manchmal wollen wir Dinge hereinlassen, die an den Toren aufgehalten werden!

Viele Menschen arbeiten daran, künstliche BHS-Modelle im Labor zu schaffen. Anhand von Modellen können Wissenschaftler testen, wie sich bestimmte Krankheiten auf die BHS auswirken, z. B. wenn die Barriereeigenschaften im Verlauf einer Krankheit zusammenbrechen. Modelle in Schalen ermöglichen es den Forschern auch, Medikamente zu testen, bevor sie Menschen verabreicht werden, und sogar bevor sie an Mäusen getestet werden. Zu wissen, ob ein Medikament an der Samtschranke des Gehirns aufgehalten wird, kann die Entwicklung von Medikamenten erheblich beschleunigen.

Andere Forscher arbeiten an Möglichkeiten zur Umgehung der BHS für die Arzneimittelentwicklung. Sie entwickeln Wege, um Medikamente in das Gehirn zu bringen, die normalerweise nicht eindringen können. Diese Art von Forschung ist von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der Verabreichung von Arzneimitteln gegen Hirnerkrankungen. Es ist zu hoffen, dass dadurch eines Tages invasive Verabreichungsstrategien, wie z. B. Gehirnoperationen, vermieden werden können.

Samtseile in einer Schale

Eine aktuelle Arbeit aus dem Labor von Ziyuan Guo vom Cincinnati Children’s Hospital zeigt, wie Forscher die BHS mit Hilfe von Stammzellen modellieren können. Stammzellen haben die Art und Weise revolutioniert, wie Wissenschaftler Gehirnkrankheiten untersuchen können. Da Stammzellen aus Hautproben umprogrammiert und in einer Schale in Gehirnzellen umgewandelt werden können, ermöglichen sie es den Forschern, die Gehirnzellen einer Person zu untersuchen, ohne eine Gehirnbiopsie durchzuführen. Ein großer Gewinn für Menschen, die ihr Gehirn noch nutzen!

Während Zellen im Labor üblicherweise in einer flachen Schale gezüchtet werden, entspricht dies nicht der 3D-Natur des Lebens. In jüngster Zeit haben Forscher Nervenzellen in 3D-Kugeln gezüchtet, die manchmal als Organoide oder Mini-Gehirne bezeichnet werden. Diese im Labor gezüchteten 3D-Strukturen können zwar nicht wie ein Gehirn funktionieren, da ihnen die Fähigkeit fehlt, Gedanken und Gefühle zu übertragen, aber sie vermitteln den Forschern eine bessere Vorstellung davon, was passiert, wenn Zellen in einer Umgebung gezüchtet werden, die dem Körper näher kommt.

Bislang enthielten diese 3D-Kugeln nicht die BHS. Das Guo-Labor ergänzte die 3D-Gehirnmodelle um ein Netzwerk von Blutgefäßen. Diese Blutgefäße haben die Eigenschaften des VIP-Türstehers des Gehirns, der BHS, übernommen. Die Autoren dieser Arbeit haben ihr neues Modell zwar nicht an Zellen mit Huntington getestet, aber es öffnet anderen Forschern die Tür, genau das zu tun. Auf diese Weise könnten sie lernen, wie sich die Huntington-Krankheit auf die BHS auswirkt, und die Fähigkeit bestimmter Medikamente testen, die BHS zu überwinden.

Partycrasher, aber von der lustigen Sorte!

Zusammengenommen stellen diese Studien einen großen Fortschritt bei der Erforschung der BHS im Labor und bei der Entwicklung therapeutischer Instrumente für Hirnerkrankungen dar.

Die meiste Zeit wollen wir, dass die BHS das Gesindel abweist, aber manchmal wollen wir auch Dinge hineinlassen, die die BHS nicht zulässt - wie potenzielle Huntington-Medikamente. Die Umgehung der BHS ist immer die erste Herausforderung, die Arzneimittelhersteller bei der Entwicklung von Medikamenten für das Gehirn und für Huntington berücksichtigen müssen.

Neue Arbeiten unter der Leitung des Labors von Ben Deverman am Broad Institute des MIT und Harvard beschreiben ihre Arbeit an einem speziellen Virus, das seinen Inhalt an der BHS vorbei ins Gehirn bringen kann. Ben Deverman war ein Pionier auf diesem Gebiet und hat verschiedene Iterationen harmloser Viren entwickelt und verbessert, die als Shuttles fungieren können, um Medikamente ins Gehirn zu bringen.

Dieses neue Virus heftet sich an eine Markierung auf Zellen, die die Hirnschranke bilden. Sobald das harmlose Virus angeheftet ist, kann es seinen Inhalt an der Barriere vorbeischleusen. Das ist so, als würde man dem Türsteher etwas Geld zustecken, damit man ein paar (lustige!) Partycrasher hereinschmuggeln kann. Das Team hat gezeigt, dass ihr Virus speziell die Gehirnzellen der menschlichen BHS erkennt. Auch wenn es ähnliche Zellen anderswo im Körper gibt, wird das Virus gezielt zum Gehirn transportiert, selbst wenn es über eine Infusion injiziert wird. Das bedeutet auch, dass ihr Virus beim Menschen funktionieren sollte und nicht nur bei Labormäusen.

Eintritt in den Huntington-Club

Dank verbesserter Modelle zur Untersuchung der BHS können Huntington-Forscher besser verstehen, wie sich die Krankheit auf die Barriere auswirkt, und folglich auch, welche Partycrasher fälschlicherweise eingelassen oder ferngehalten werden. Außerdem ist es ein leistungsfähiges Instrument zur Bestimmung der Dosierung von Medikamenten. Indem sie Medikamente zunächst an Mini-Gehirnen in einer Schale testen, können die Forscher herausfinden, ob das Medikament die BHS überwinden kann. Sie können auch herausfinden, wie viel Medikament benötigt wird, wenn die Barriere weniger selektiv ist, wie es bei Huntington der Fall zu sein scheint.

Die Entwicklung und Verbesserung von Viren, die Medikamente durch die BHS transportieren können, kann zu einem großen Fortschritt bei der Verabreichung von Medikamenten führen. Bei der Huntington-Krankheit testet uniQure derzeit ein Virus, das direkt in das Gehirn injiziert werden muss, um seinen Inhalt abzugeben. Mit neueren Iterationen von Viren besteht die Hoffnung, dass derartige Gentherapien eines Tages per Infusion verabreicht werden können.

Zusammen bringen diese Studien die Erforschung der BHS im Labor und die Entwicklung therapeutischer Instrumente für Hirnerkrankungen voran. Auch wenn sich keine der beiden Arbeiten speziell mit der Huntington-Krankheit befasste, können diese Arten von Ansätzen problemlos für die Huntington-Forschung verwendet werden - und das werden sie auch!

Sarah Hernandez ist Mitarbeiterin der Hereditary Disease Foundation (Stiftung für Erbkrankheiten), die die in diesem Artikel genannten Forscher finanziell unterstützt hat oder unterstützt. Leora Fox arbeitet für die HDSA, die Beziehungen zu Unternehmen im Bereich der Erbkrankheiten unterhält, darunter auch zu dem in diesem Artikel erwähnten Unternehmen uniQure. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...