Huntington’s disease research news.

In einfacher Sprache. Geschrieben von Wissenschaftlern.
Für die weltweite Huntington-Gemeinschaft.

Wenn die Uhr des Gehirns kaputt geht: Schlafunterbrechung und zirkadianes Chaos bei der Huntington-Krankheit

Eine 12-Jahres-Studie zeigt, dass gestörter Schlaf den Ausbruch der Huntington-Krankheit vorhersagen, zu Veränderungen im Denken und in der Gedankenverarbeitung führen und zu Nervenschäden beitragen kann. Schlaf ist nicht nur Erholung, er ist ein wichtiger Prozess für die Gesundheit des Gehirns.

Herausgegeben von Dr Rachel Harding
Übersetzt von

Schlaf ist mehr als eine nächtliche Erholung, er ist grundlegend für die Gesundheit des Gehirns. Eine bahnbrechende 12-Jahres-Studie, in der Menschen mit dem Gen für die Huntington-Krankheit beobachtet wurden, legt nahe, wie spezifische Schlafstörungen zur Vorhersage des Ausbruchs der Krankheit und des damit verbundenen kognitiven Verfalls genutzt werden könnten. Frühe Schlafveränderungen scheinen Jahre vor den Symptomen aufzutreten, während sich nächtliche Schlaflosigkeit kurz vor dem Ausbruch der Krankheit zu verschlimmern scheint. Diese Ergebnisse verdeutlichen den Beitrag des Schlafs zur Huntington-Krankheit und weisen auf mögliche neue Wege zur Früherkennung und Behandlung hin.

Die Huntington-Krankheit und den Schlaf verstehen: Eine kaputte Uhr im Gehirn

Huntington ist eine genetisch bedingte neurodegenerative Erkrankung, die zu einer fortschreitenden Schädigung der Nervenzellen führt und normalerweise in der Lebensmitte beginnt. Sie bringt eine Mischung aus Bewegungsproblemen, kognitivem Verfall und emotionalen Symptomen mit sich. Da die genetische Ursache und der typische zeitliche Verlauf der Krankheit bekannt sind, stellt sie ein seltenes „Modellsystem“ dar, um frühe Veränderungen zu untersuchen, die durch Hirnerkrankungen allgemein, einschließlich Schlafstörungen, verursacht werden.

Schlaf wird oft als passive Erholung abgestempelt. Aber stellen Sie sich das Schlafsystem Ihres Gehirns wie eine fein abgestimmte Uhr vor. Bei der Huntington-Krankheit beginnt diese Uhr den Geist aufzugeben, lange bevor Symptome auftreten. Wissenschaftler wissen seit langem, dass sich die Schlafqualität durch die Huntington-Krankheit verschlechtert, aber der genaue Zeitpunkt, die Ursachen und die Folgen waren bisher schwer zu bestimmen. Diese neue Studie bietet einen seltenen, detaillierten Einblick in die gestörte Uhr des Gehirns und ihre mögliche Verbindung zum Fortschreiten der Krankheit.

In einer 12 Jahre dauernden Studie wurden Veränderungen im Schlafverhalten von Menschen mit Huntington-Krankheit gemessen, was darauf hindeutet, dass fragmentierter Schlaf und Schlaflosigkeit vor anderen äußerlichen Symptomen auftreten. Kinga Howard

Die Studie: Schlaf, Kognition und Krankheit über 12 Jahre (!) hinweg beobachtet

Die Forscher verfolgten 28 Menschen mit dem mutierten Huntington-Gen, aber ohne Symptome (vor der Manifestation) und 21 Menschen ohne die Mutation (Kontrollen), die nach Alter und Geschlecht gemischt waren. Es handelte sich nicht um einen kurzen Einblick – sie beobachteten diese Menschen 12 Jahre lang! Das ist eine lange Zeit! Die Teilnehmer unterzogen sich zweimal strengen Schlafuntersuchungen in einem Labor und trugen zwei Wochen lang Armbanduhren zu Hause, die detaillierte kurz- und langfristige Schlafdaten lieferten.

Sie nahmen auch an Tests zur Messung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und von Bewegungen teil und füllten Fragebögen zur Stimmung aus. Ein Bluttest diente zur Messung des Neurofilament-Lights (NfL), eines Proteins, das von geschädigten Nervenzellen freigesetzt wird und nachweislich mit dem Fortschreiten der Huntington-Erkrankung zusammenhängt.

Entscheidend ist, dass sich 15 Genträger nach 12 Jahren „phänokonvertiert“ hatten, d.h. sie entwickelten deutliche Huntington-Symptome. Der Vergleich ihres Schlafs und ihrer kognitiven Entwicklung mit denen, die symptomfrei blieben, lieferte aussagekräftige Erkenntnisse.

Schlaf wird oft als passive Erholung außer Acht gelassen. Aber stellen Sie sich das Schlafsystem Ihres Gehirns wie eine fein abgestimmte Uhr vor. Bei Huntington beginnt diese Uhr den Geist aufzugeben, lange bevor Krankheitssymptome auftreten.

Wichtige Ergebnisse: Schlafstörungen spiegeln und prognostizieren Hirnverfall

Zu Beginn der Studie schien es keine größeren Unterschiede in Bezug auf Schlaf oder Kognition zwischen den Genträgern und den Kontrollpersonen zu geben. Doch im Laufe der Zeit, insbesondere bei denjenigen, die später klinische Anzeichen und Symptome der Huntington-Krankheit entwickelten, schienen sich Schlafprobleme zu entwickeln.

Der Schlaf schien stark fragmentiert zu sein, als würde die Uhr buchstäblich die Zeit ablaufen lassen, ohne dass er sich in stabilen Phasen einpendeln konnte. Nahezu 90% der Teilnehmer an der Studie litten unter „Schlaferhaltungsinsomnie“, was bedeutet, dass sie nach dem Einschlafen häufig aufwachten und die erholsame Ruhe gestört wurde.

Diese Schlaflosigkeit schien in engem Zusammenhang mit einer schlechteren kognitiven Leistungsfähigkeit zu stehen, insbesondere mit der Aufmerksamkeit, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und der exekutiven Funktion, also den Fähigkeiten, die für die Planung und das Multitasking entscheidend sind. Sie schien auch mit höheren Depressionswerten und erhöhten NfL-Werten einherzugehen, was auf einen möglichen Zusammenhang mit anhaltenden Nervenschädigungen hindeutet.

Interessanterweise schien die Instabilität des Schlafstadiums, die „tickenden“ Störungen, früher zu beginnen, sogar noch vor dem Auftreten der Symptome, und konnte offenbar mit einer Genauigkeit von etwa 70 % vorhersagen, wer im Laufe des nächsten Jahrzehnts eine Huntington-Krankheit entwickeln würde. Im Gegensatz dazu trat Schlaflosigkeit näher am Auftreten der Symptome auf, konnte aber nicht zur Vorhersage einer zukünftigen Umwandlung verwendet werden.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass verschiedene Schlafprobleme über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg eine unterschiedliche Rolle spielen, einige als Frühwarnsystem, andere als Marker für ein aktives Fortschreiten der Krankheit.

Eine schlechte Nachtruhe kann es erschweren, klar zu denken, aufmerksam zu sein und Informationen zu verarbeiten – alles kognitive Funktionen, die bei der Huntington-Krankheit nachlassen. Mohamed hamdi

Was hat das zu bedeuten? Schlaf als Fenster und Ziel bei Huntington

Diese Studie deutet darauf hin, dass Schlafprobleme nicht nur ein Symptom, sondern möglicherweise auch eine Ursache für den Abbau des Gehirns bei Huntington sein könnten. Wenn Schlaflosigkeit an kognitiven Problemen und Nervenschäden beteiligt ist, könnte eine frühzeitige Behandlung das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.

Schlafveränderungen, wie Instabilität und Schlaflosigkeit, könnten zu wertvollen frühen Biomarkern werden, die helfen, die Personen mit dem höchsten Risiko zu identifizieren, bevor Symptome auftreten. Dies eröffnet spannende Möglichkeiten für die Überwachung und Intervention.

Stärken und Einschränkungen der Studie

Die 12-jährige Beobachtungsstudie ist ein außergewöhnliches Engagement und bietet seltene Langzeitdaten in einer genetisch definierten Population. Die Kombination von Schlafmessungen im Labor mit Messungen zu Hause stärkt das Vertrauen in die Schlafergebnisse.

Die Gruppierung der Teilnehmer nach dem tatsächlichen Auftreten der Symptome anstelle des vorhergesagten Zeitpunkts verbesserte die Genauigkeit in dieser Studie. Mit den umfassenden Bewertungen der kognitiven Fähigkeiten, der Stimmung und der Biomarker wurde mehr Tiefe erreicht.

Eine Einschränkung war, dass es sich um eine kleine Studie mit nur 28 Personen handelte, die bei den 10- und 12-Jahres-Follow-ups kleiner wurde. Das ist bei einer solchen Langzeitstudie zu erwarten, schränkt aber die statistische Aussagekraft ein. Es ist auch wichtig, daran zu denken, dass Korrelation keine Kausalität beweist. Schlafprobleme könnten also eher parallele Auswirkungen der Krankheit sein als Ursachen für Veränderungen der Gehirngesundheit. Es ist auch wichtig, daran zu denken, dass sich diese Studie auf frühe Stadien konzentrierte, so dass die Ergebnisse möglicherweise nicht für Menschen mit späteren Stadien der Huntington-Krankheit gelten.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass verschiedene Schlafprobleme über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg eine unterschiedliche Rolle spielen, einige als Frühwarnsystem, andere als Marker für ein aktives Fortschreiten der Krankheit.

Letzte Überlegungen: Die Reparatur der kaputten Uhr könnte alles verändern

Diese Studie ist eine fantastische Erinnerung daran, dass der Schlaf eng mit der Gesundheit des Gehirns und der Krankheit verbunden ist – für Menschen mit Huntington, aber auch für alle anderen. Wir alle brauchen eine gute Nachtruhe für eine optimale Gehirnfunktion, aber das gilt besonders für Menschen, die unter Stress stehen, wie Pflegekräfte und Menschen mit Krankheiten wie Huntington. Bei Huntington scheint ein gestörter Schlafrhythmus der Schädigung der Nervenzellen und dem kognitiven Verfall vorauszugehen und parallel dazu zu verlaufen.

Wenn wir erkennen, dass der Schlaf ein aktiver Akteur für die Gesundheit unseres Gehirns ist und nicht nur ein passives Krankheitssymptom, lädt dies zu neuen Forschungs- und Behandlungsstrategien ein. Könnte eine Verbesserung der Schlafqualität die Symptome von Huntington verzögern oder das Gehirn schützen? Könnten Schlafmessungen zu Frühwarnsignalen für verschiedene neurodegenerative Krankheiten werden?

Die Uhr tickt für Menschen mit Huntington. Aber zu verstehen, wie sie kaputt geht und wie man sie reparieren kann, könnte neue Hoffnung bei dieser verheerenden Krankheit geben.

In Kürze – Was Sie wissen müssen

  • In einer 12-jährigen Studie wurden Schlaf, Kognition, Stimmung und Biomarker für Nervenschäden bei Menschen mit mutiertem Huntington-Gen untersucht.
  • Frühe Schlafinstabilität sagte voraus, wer Jahre später Huntington-Symptome entwickeln würde.
  • Die Schlaflosigkeit zur Aufrechterhaltung des Schlafs trat kurz vor dem Einsetzen der Symptome auf und deutete auf einen Zusammenhang mit schlechteren kognitiven Fähigkeiten und Nervenverletzungen hin.
  • Schlafstörungen scheinen eng mit dem Fortschreiten der Huntington-Krankheit verbunden zu sein und könnten den Abbau des Gehirns vorantreiben.
  • Die Behandlung von Schlafproblemen könnte die Behandlungsergebnisse verbessern und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen.
  • Schlafmessungen könnten als frühe Biomarker der Huntington-Krankheit und anderer neurodegenerativer Erkrankungen dienen.
  • Die lange Nachbeobachtungszeit und der multimethodische Ansatz der Studie stärken die Ergebnisse, aber die Stichprobengröße war begrenzt.

Mehr erfahren

Original-Forschungsartikel (auf Englisch): „Schlafabnormalitäten sind mit größeren kognitiven Defiziten und Krankheitsaktivität bei der Huntington-Krankheit verbunden: eine polysomnographische Studie über 12 Jahre“ (freier Zugriff).

Die Autoren haben keine Interessenkonflikte zu erklären.

For more information about our disclosure policy see our FAQ…

Share

Topics

,

Related articles