Ist der Zugang zu „prädiktiven“ genetischen Untersuchungen der Huntington-Krankheit ein Problem?
Ist der Zugang zu präkditiven Gentests für die Huntington-Krankheit in Problem? Eine UBC-Studie sagt "ja".
Von Deepti Babu 18. November 2013 Bearbeitet von Professor Ed Wild Übersetzt von Albrecht Ursprünglich veröffentlicht am 23. April 2013
Ist der Zugang zu „prädiktiven“ genetischen Untersuchungen der Huntington-Krankheit ein Problem? Eine Studie der University of British Columbia deutet darauf hin, dass dies zumindest in Kanada so ist. Wir beleuchten das Problem und mögliche Lösungen.
Prädiktive Untersuchung auf die Gen-Mutation, welche die Huntington-Krankheit auslöst, erlaubt es den Personen, die das Risiko haben, herauszufinden, ob sie später einmal an Huntington erkranken werden. Wer die prädiktive Untersuchung durchführen möchte, muss sich gewöhnlich persönlich für mehrere Beratungssitzungen in ein spezialisiertes Krankenhaus begeben. Aber diese und andere Gründe könnten Hürden darstellen, die manche Menschen davon abhalten, die genetische Untersuchung überhaupt anzugehen. Um diese Hürden besser zu verstehen und zu untersuchen, wie man mit ihnen umgehen kann, haben Forscher an der University of British Columbia 33 Personen befragt, die die prädiktive Untersuchung über das Huntington-Zentrum in Vancouver, Kanada, in Anspruch genommen hatten.
Prädiktive Untersuchungen werden weltweit angeboten. Normalerweise nach einem an internationalen Richtlinien ausgerichteten Verfahren. Diese Richtlinien, für die kürzlich aktualisierte Empfehlungen erstellt wurden, sollen sicherstellen, dass Menschen, die darüber nachdenken, sich testen zu lassen, hinreichende Informationen und Zeit haben um für sich selbst die richtige Entscheidung zu treffen – ob sie sich nun für die Untersuchung entscheiden oder dagegen – und während des gesamten Verfahrens und darüber hinaus ausreichend Unterstützung erhalten. Drei oder vier Sitzungen vor der Untersuchung werden empfohlen, klar ist aber auch, dass der individuelle Bedarf unterschiedlich ausfallen kann.
Das Team in Vancouver wendet dieses Verfahren an, kann aber insofern davon abweichen, als nur ein Beratungstermin in Vancouver stattfindet. Der Rest, einschließlich der Entgegennahme des Untersuchungsergebnisses, kann durch Einbeziehung des Hausarzts erfüllt werden.
Entfernung und Unbequemlichkeit
Viele der Befragten gaben an, die Entfernung habe eine große Hürde für sie dargestellt. Diejenigen aus ländlichen Gegenden sagten, es sei schwierig gewesen für die Beratungstermine verschiedene Verkehrsmittel (wie Flugzeug, Fähre oder Bus) nach Vancouver zu nehmen.
Einige Teilnehmer der Studie gaben an, die lange Reise nach Vancouver habe für sie bedeutet, dass sie Arbeit und Familienereignisse verpassen. Einige Studienteilnehmer sagten, sie hätten sich die lange Reise zu den Beratungsterminen nicht leisten und von der Arbeit nicht freinehmen können. Obwohl einige der Teilnehmer aus ländlichen Gegenden für finanzielle Unterstützung und Hilfe bei der Reise zu medizinischen Zentren in Frage kamen, deuteten einige an, dass diese nicht ausreichten, um alle Kosten abzudecken.
Stressige Reise und fehlende Unterstützung
Einige Teilnehmer, sowohl solche aus der Umgebung von Vancouver als auch von weiter weg, gaben an, dass der Weg zur Untersuchungseinrichtung stressig war. Manchmal bedeutete die Hauptverkehrszeit in der Stadt auch bei kurzer Entfernung eine lange Rückfahrt.
Ein unflexibles und langwieriges Verfahren?
Studienteilnehmer identifizierten das Untersuchungs-Verfahren selbst als weitere bedeutende Hürde. Insbesondere hielten ihn viele für zu steif und einer Anpassung an die individuellen Bedürfnisse und Umstände einer Person unzugänglich. Andere fanden das Verfahren etwas „patriachalisch“, als ob die Untersuchungs-Einrichtungen irgendwie wüssten, was am besten für einen ist. Für einige waren es zu viele Beratungstermine und sie konnten nicht verstehen, warum so viele verlangt wurden. Außerdem sagten einige Teilnehmer, dass das Test-Verfahren zu lange dauerte. Einschließlich einer Wartezeit bis zum ersten Beratungstermin kann das Verfahren bis zum Abschluss mehrere Wochen oder Monate dauern (die genaue Zeit variiert zwischen den Test-Einrichtungen). Viele beschrieben dies als schwierig.
„Es müssen Hürden angesprochen werden um jenen zu helfen, die Zugang zu prädiktiven Untersuchungen möchten. “
Entgegennahme der Ergebnisse und Mitbringen einer Begleitperson
Die meisten Befragten fanden, dass die Art und Weise, in der das Ergebnis überbracht wird, stark von persönlichen Vorlieben abhängt; die meisten wollten das Ergebnis persönlich mitgeteilt bekommen. Einige gaben an, das Ergebnis am liebsten von ihrem Hausarzt erfahren zu wollen, während andere die Mitteilung durch die Untersuchungseinrichtung bevorzugten. Einige wollten keine Begleitperson zur Unterstützung mitbringen müssen. Dies entspricht den internationalen Richtlinien, aber einige Teilnehmer fanden es zu einschränkend und hätten es bevorzugt, ihr Ergebnis alleine zu hören.
Was lässt sich von der Studie mitnehmen?
In dieser kanadischen Gruppe gab es zwei wesentliche Zugangshürden für die prädiktive Untersuchung: Entfernung und die Inflexibilität des derzeitigen Untersuchungs-Verfahrens. Bemerkenswert ist, dass teilweise nicht die große geographische Entfernung das Problem war, sondern dass Personen aus der Stadt der Test-Einrichtung selbst die Entfernung als Hürde betrachteten.
Die Hürden müssen beseitigt werden um denen zu helfen, die Zugang zu prädiktiven Untersuchungen haben möchten. Andernfalls werden Untersuchungswillige abgeschreckt – oder schlimmer: Sie könnten sich ohne sachgemäße Beurteilung, genetische Beratung und Unterstützung untersuchen lassen. Der Umgang mit den Hürden fördert Gleichheit im Gesundheitswesen, insbesondere in Ländern mit verstaatlichter Gesundheitsversorgung. Im Idealfall sollten prädiktive Untersuchungen nicht nur denjenigen zugänglich sein, welche die Reise bewältigen und sich für die Beratungstermine frei nehmen können.
Viele Menschen verstehen den Ablauf des prädiktiven Untersuchungsverfahrens nicht. Information über das Verfahren und darüber, warum es so strukturiert ist, kann diesen Menschen beim Verständnis helfen, was wiederum die Akzeptanz erhöht.
Hat die Studie Grenzen?
Da die Ergebnis alle aus derselben Gegend und aus demselben Gesundheitssystem kommen, lassen sich die Ergebnisse möglicherweise nicht auf alle Gesundheitssysteme übertragen. Die Befragten sind möglicherweise nicht repräsentativ für die Bevölkerung mit Huntington-Risiko. Eine wesentliche Eigenschaft der Befragten ist, dass sie sich alle für die Gen-Untersuchung entschieden hatten. Weitere Studien könnten nötig sein, um zu ermitteln, warum diejenigen, die sich gegen die Untersuchung entscheiden, diese Entscheidung treffen und ob diese Hürden oder andere der Grund dafür sind.
Schlussgedanken
Die vor kurzem aktualisierten Richtlinien für die prädiktive Untersuchung schlagen bei Bedarf zwei Möglichkeiten zur Überbrückung von Entfernungen vor: telehealth (Video-Konferenz zwischen zwei Standorten) und Telefonate. Die Gruppe in British Columbia führt derzeit eine Studie zur Bewertung von telehealth für diesen Anwendungszweck durch.
Diejenigen unter uns, die sich auf die Beratung bei der prädiktiven Untersuchung für die Huntington-Krankheit spezialisiert haben, treffen sich regelmäßig und hinterfragen unsere Herangehensweise andauernd so wie es auch unsere Kollegen in anderen Ländern machen.
Wenn nötig, passen wir das Untersuchungsverfahren an die Bedürfnisse der zu untersuchenden Personen an. So nutzen wir beispielsweise anstelle einiger Treffen Telefonate. Darüber hinaus haben telehealth in einigen Situationen verwendet, in denen Untersuchungspersonen absolut daran gehindert waren uns mit ihrer Begleitperson persönlich zu besuchen. Bisher hat das gut funktioniert.
Eine “Einheitslösung” für alle Regionen, welche die prädiktive Untersuchungen der Huntington-Krankheit anbieten, gibt es nicht. Dennoch sind Forschungsstudien wie diese wichtig, um Wege zu finden, wie das Verfahren verbessert werden kann und da sie neu in Betracht zu ziehende Ansätze aufzeigen.