Achten Sie auf Ihren Mund: Die Huntington-Krankheit und die Mundgesundheit

Die Inanspruchnahme von Zahnmedizin und die Einhaltung der empfohlenen Zahnpflegeroutine ist für viele Menschen schwierig, selbst unter den besten Umständen. Wenn dann noch Huntington hinzukommt, kann die Mundgesundheit sogar noch schwieriger werden. Eine kürzlich in der Zeitschrift Special Care in Dentistry veröffentlichte Übersichtsarbeit befasst sich mit den Herausforderungen, mit denen betroffene Familien konfrontiert sind. Außerdem werden Forschungsergebnisse zur Mundgesundheit bei Huntington erörtert und Strategien für Zahnärzte, die Menschen mit Huntington betreuen, empfohlen. Wenn sich Fachleute genug Gedanken machen, um einen offiziellen Artikel über die Verbesserung der Lebensqualität durch Mundgesundheit für Menschen mit Huntington zu verfassen und zu veröffentlichen, dann ist das unserer Meinung nach eine Erwähnung wert!

Hindernisse für die zahnärztliche Versorgung

Die Autoren dieses Artikels, Dr. Hanad Duble und Dr. Aviv Ouanounou, beschreiben die Huntington-Krankheit für ihre Leser (Zahnärzte), die mit der Krankheit nicht vertraut sind, und skizzieren häufige Hindernisse beim Zugang zur zahnärztlichen Versorgung von Menschen mit Huntington. Einige dieser Hindernisse mögen den HDBuzz-Lesern offensichtlich erscheinen – dennoch, hier sind einige der wichtigsten Hindernisse, die die Autoren identifizieren:

• Angst: Viele Menschen haben Angst vor dem Zahnarzt, und diese Angst kann sich bei Menschen mit Huntington noch verstärken. Scham und Stigmatisierung können auch dazu beitragen.
• Finanzen: Eine Huntington-Erkrankung kann aus vielen Gründen eine finanzielle Belastung darstellen, z. B. durch den Verlust des Arbeitsplatzes und es kann schwierig sein, der zahnärztlichen Versorgung finanzielle Priorität einzuräumen.
• Mobilität und Motivation: Verhaltenssymptome und Bewegungseinschränkungen können es schwierig machen, eine Zahnarztpraxis aufzusuchen, Termine einzuhalten oder eine Routine zu Hause zu pflegen.
• Orale Veränderungen: Unwillkürliche Bewegungen (Chorea), Steifheit oder Muskelschwäche machen es für Zahnärzte schwieriger, den Mund zu untersuchen, zu reinigen und zu operieren.
• Mangelnde Ausbildung: Viele Zahnärzte haben keine Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit einer Huntington-Erkrankung (dieser Artikel ist ein Schritt zur Erstellung von Richtlinien!).

Für Menschen aus Huntington-Familien kann es andere Hindernisse für eine angemessene Mundpflege geben – niemand erlebt Huntington auf dieselbe Weise. Die überwiegende Mehrheit der Zahnärzte wird im Laufe ihres Berufslebens wahrscheinlich nur eine handvoll Huntington-Patienten sehen. Daher ist es nützlich, wenn sachkundige Fachleute für ihre Kollegen über die speziellen Herausforderungen schreiben.

Häufige Herausforderungen für die Mundgesundheit

Die Autoren legen auch dar, welche Probleme Menschen mit einer Huntington-Erkrankung im Mundraum häufig haben und wie sich diese auf die zahnärztliche Versorgung auswirken. Sie stützen sich dabei sowohl auf ihre eigene Praxis als auch auf wissenschaftliche Literatur, darunter klinische Studien, Fallberichte und frühere Reviews. Es ist eine Menge, durch die man sich durchbeißen muss, aber es ist wichtig zu wissen, was mit fortschreitenden Symptome auftreten kann.

Hohlräume (Karies) und Zahnfleischerkrankungen:

• Chorea: Bewegungen des Körpers, des Gesichts und der Zunge können es einer Person mit Huntington oder ihrer Begleitperson erschweren, Zahnbürste und Zahnseide zu benutzen, und Zahnärzte können aufgrund der Chorea Schwierigkeiten haben, spezielle Werkzeuge zu verwenden oder sichere und bequeme Positionen zu finden.
• Diät: Die Essgewohnheiten einer Person können sich ändern, um der Chorea, den Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken oder dem Gewichtsverlust Rechnung zu tragen. Weichere Lebensmittel, Flüssigkeiten, häufigere Mahlzeiten und Lebensmittel mit mehr Zucker und Kohlenhydraten können die Gesundheit von Zähnen und Mund beeinträchtigen.
• Dysphagie: der medizinische Begriff für Schluckbeschwerden, die bei HD sehr häufig auftreten. Dies kann dazu führen, dass mehr Nahrung in den Zähnen, im Mund und im Rachen stecken bleibt.
• Stimmung und Motivation: Symptome wie Apathie und Depression können es erschweren, der Mundpflege zu Hause Priorität einzuräumen oder Zahnarzttermine wahrzunehmen.

Herausforderungen bei der Medikation

• Nebenwirkungen: Einige der Medikamente, die zur Behandlung von Huntington-Symptomen eingesetzt werden, wie Antidepressiva und Stimmungsstabilisatoren, können Mundtrockenheit und Sabbern verursachen oder das Risiko von Mundinfektionen erhöhen. Andere Medikamente können die Wahrscheinlichkeit einer Ohnmacht oder eines Schwindelanfalls erhöhen. Dies sollte der Zahnarzt oder der Hygieniker bei der Verwendung eines verstellbaren Stuhls oder der Wahl des Anästhetikums beachten.
• Wechselwirkungen zwischen Medikamenten: Einige Medikamente, die zur Behandlung von Zahnschmerzen, Angstzuständen und Infektionen verschrieben werden, können negative Wechselwirkungen mit gängigen Behandlungen gegen die Huntington-Krankheit aufweisen.
• Anästhesie: Eine Vollnarkose kann zu Komplikationen führen, vor allem bei chronischen Erkrankungen. Daher entscheiden sich Fachärzte eher für eine Sedierung als für eine Narkose.

Dysarthrie (Schwierigkeiten beim Sprechen)

• Häusliche Pflege und Termine: Wenn jemand Schwierigkeiten hat, sich zu verständigen, kann es schwierig sein, einem Angehörigen oder Zahnarzt mitzuteilen, was ihm im Alltag oder während eines Termins Schmerzen oder Unbehagen bereitet.
• Einsetzen von Hilfsmitteln oder Prothesen: Eine Muskelschwäche im Gesicht und in der Zunge, die zu Schwierigkeiten beim Sprechen führt, kann auch dazu führen, dass es schwierig ist, Sicherheitsvorrichtungen oder Prothesen (ein Gebiss) an ihrem Platz zu halten.
• Einwilligung: Manche Menschen möchten bestimmte Aspekte von Routinebehandlungen oder invasiven Eingriffen beantragen oder ablehnen, und Kommunikationsprobleme können diese Diskussionen verlangsamen oder unmöglich machen.

Strategien für die Zahnpflege

Dieses Papier enthält Empfehlungen für Zahnärzte, die Menschen mit einer Huntington-Erkrankung behandeln. Diese Empfehlungen basieren auf einem gründlichen Verständnis der veröffentlichten Erkenntnisse sowie auf der langjährigen Erfahrung der Autoren in diesem Bereich. Für die Familien kann es hilfreich sein, sich über die besonderen Vorsichtsmaßnahmen, Verfahren und Tipps zu informieren.

• Mitgefühl und Präsenz : Die Autoren fordern Zahnärzte auf, Huntington-Patienten nicht zu diskriminieren. Sie weisen darauf hin, dass eine gute Beziehung, emotionale Unterstützung und die Einbeziehung des Pflegepartners besonders hilfreich sein können, um Ängste abzubauen und zu einer Routine zu motivieren.

• Planung der zahnärztlichen Versorgung: Es kann hilfreich sein, frühzeitig einen längerfristigen Plan für die zahnärztliche Versorgung zu erstellen, um Bedenken und Wünsche in Bezug auf die Ernährung, die Rolle eines Pflegepartners und die Vorgehensweise bei der täglichen Pflege oder bei Eingriffen zu besprechen, wenn die Kommunikation schwieriger wird.

• Zusätzliche Prävention:
  • In dem Papier wird empfohlen, dass Zahnärzte einen Mundhygieneplan aufstellen und die Einbeziehung und Aufklärung der Betreuer betonen.
  • Zahnärzte können Fluorid- oder Lackbehandlungen für Erwachsene in Betracht ziehen, obwohl sie normalerweise Kindern verabreicht werden.
  • Der Verzehr von Produkten mit Xylitol (ein Zuckerersatzstoff in einigen Süßigkeiten, Mundwasser und Zahnpasta) kann gut für die Zähne sein.
  • Zahnschienen können den durch Chorea verursachten Knirschdruck lindern.
  • Häufigere Besuche (möglichst alle 3 oder 6 Monate) können helfen, die Zähne gesünder zu halten und die Pflegepläne nach Bedarf anzupassen.

• Komfort und Sicherheit:
  • Wenn eine Person Medikamente einnimmt, die beim Sitzen oder Stehen einen plötzlichen Blutdruckabfall verursachen, empfehlen die Autoren, den Behandlungsstuhl nicht über 45 Grad hinaus zu neigen und sich nicht zu schnell aufzusetzen.
  • Schmerzbekämpfung: Die Wahl von Paracetamol anstelle von Ibuprofen ist für Patienten, die SSRIs einnehmen, sicherer.
  • Zahnärzte können den Einsatz von Medikamenten in Betracht ziehen, die den Patienten wach, aber entspannt halten, um die Schmerzen zu minimieren oder die Chorea bei langen Terminen oder Verfahren zu kontrollieren.
  • Zahnarztpraxen verfügen möglicherweise über spezielle Stühle, Haltevorrichtungen, Beißvorrichtungen oder Kissen, die dazu beitragen, dass es der Patient bequem und stabil hat und sein Mund während einer Untersuchung, Reinigung oder Behandlung sicher positioniert ist.

• Weniger invasive Pflege:
  • Es gibt Alternativen zum Zähneputzen und zur Zahnseide, die die Pflege erleichtern, wie z.B. Wasserflosser, Zahnseidesticks oder verschiedene Arten von Bürsten.
  • Vorbeugung von Schäden: Wenn jemand mit Huntington viele kleine Hohlräume hat, die viele Füllungen erfordern könnten, empfehlen die Autoren, dass Zahnärzte in Erwägung ziehen, die Zähne mit Silber-Diamin-Fluorid zu bestreichen, das Bakterien abtöten und verhindern kann, dass sich bestehende Hohlräume verschlimmern.
  • Füllungsmaterial: Es gibt verschiedene Substanzen, die Zahnärzte zum Füllen von Hohlräumen verwenden. Eine Empfehlung in diesem Papier für die Behandlung von Menschen mit Huntington ist die Verwendung einer Füllung aus Glas-Ionomer (GI). Dieses Material wird häufig bei Milchzähnen oder als vorübergehende Lösung bei Erwachsenen verwendet. Es hält nicht so lange wie eine Metall- oder Kompositfüllung, aber es ist einfacher anzuwenden und setzt Fluorid frei.

Vieles zum Nachkauen

In erster Linie ist die Existenz dieser Publikation ermutigend. Es handelt sich um ein neues Nachschlagewerk, das Informationen und praktische Ratschläge zusammenfasst, mit dem Ziel, Fachleuten ein besseres Verständnis der auf die Huntington-Krankheit spezialisierten Zahnmedizin zu vermitteln. Wir geben jedoch keine medizinischen Ratschläge! Bitte konsultieren Sie Ihren eigenen Zahnarzt, bevor Sie mit einer neuen Mundgesundheitskur beginnen. Je mehr Informationen er über andere Aspekte Ihrer Gesundheit und Ihre medizinische Vorgeschichte hat, desto besser kann er Sie individuell betreuen.

Dennoch betonen die Autoren dieses Papiers Prävention und frühzeitige Kommunikation. Zusätzliche Sorgfalt und frühzeitige Planung können dazu beitragen, dass später schwierige Gespräche und komplexe Eingriffe nicht notwendig sind. Sie empfehlen, dass Zahnärzte, die Menschen mit einer Huntington-Erkrankung betreuen, sich mit dem Neurologen des jeweiligen Patienten beraten, die Nebenwirkungen gängiger Huntington-Medikamente kennen und auf den Einzelnen zugeschnittene Komfortmaßnahmen und Pläne anbieten. Vielleicht können Sie dabei helfen, diese wichtigen Gespräche und Verbindungen zu initiieren?

Vor allem aber ermutigen wir jedes Mitglied einer Huntington-Familie, sich um seine Zähne zu kümmern und sich für seine Bedürfnisse einzusetzen – ein gesunder Mund sorgt für eine lautere Stimme!

Mehr erfahren

Original-Forschungsartikel (auf Englisch):“Huntington’s Disease and Dentistry: A Review of Its Etiology, Clinical Presentation, Symptomatic Pharmacotherapy, and Dental Management” (uneingeschränkter Zugriff).