Ed WildVon Professor Ed Wild Übersetzt von Martin Oehmen Bearbeitet von Dr Jeff Carroll

Ein Weg wie das Huntington Gen Schaden verursacht ist die Störung der Steuerung vieler anderer Gene. HDAC Inhibitoren sind Medikamente, die darauf abzielen dies zu verhindern. Wissenschaftler arbeiten daran sie in Studien an Menschen einzubringen. Die Welt der HDACs hat einen wichtigen Anhaltspunkt auf der Suche nach Biomarkern erbracht, der dabei behilflich ist, über Biomarker neue Medikamente zu entwickeln.

Das Rezeptbuch

Ein Gen ist ein Rezept, geschrieben in DNA, das unseren Zellen erläutert wie ein bestimmtes Protein herzustellen ist. Proteine sind molekulare Maschinen, welche den Großteil an harter Arbeit in unseren Zellen verrichten.

Histone sind wie ein Schloss, das die "geheimen Rezepte" unserer DNA beschützt. Wie ein Schlüssel öffnen HDAC Enzyme dieses Schloss und legen die DNA frei.
Histone sind wie ein Schloss, das die “geheimen Rezepte” unserer DNA beschützt. Wie ein Schlüssel öffnen HDAC Enzyme dieses Schloss und legen die DNA frei.

Das HK Gen ist eines der zigtausend Rezepte, das jede unserer Zellen bei sich trägt. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine kleine Veränderung in einem Gen große Veränderungen im Körper verursachen kann. Im Falle der HK bewirkt ein kleiner Fehler im Gen - wie ein Rechtschreibfehler in einem Rezept - dass die Zellen das mutierte Huntingtin Protein produzieren, welches all die Symptome der Huntington Krankheit verursacht.

Wie Gene kontrolliert werden

Es gehört mehr zum kochen als einem einzelnen Rezept zu folgen. Zunächst ist es wichtig zu entscheiden, welchen Rezepten man im Kochbuch folgt, und wie viel man davon jeweils machen will. Wenn man eine Dinner-Party hält, wäre es komisch 20 verschiedene Suppen zu kochen und sonst nichts; oder eine Mahlzeit für 2 Personen vorzubereiten, wenn man 100 Gäste erwartet.

Genau so wichtig ist es, dass unsere Zellen das richtige Genrezept wählen, und jedes in der richtigen Anzahl befolgen, um sicher zu stellen das die richtige Menge an Protein produziert wird. Zudem ist es für Zellen wichtig sich anpassen zu können, weil unterschiedliche Situationen auch verschiedene Typen und Mengen an Proteinen benötigen.

Der erste Schritt darin ein Gen zu lesen, ist eine funktionierende Kopie aus einem DNA ähnlichen Molekül herzustellen, dieses Molekül heißt RNA. Dieser Schritt wird Transkription genannt. Den Aktivierungsstatus verschiedener Gene zu kontrollieren wird transkriptionelle Regulation genannt. Wenn hier etwas schief läuft wird es als transkriptionelle Dysregulation bezeichnet.

Transkriptionsfaktoren und Histone

Zellen besitzen eine komplexe Maschinerie, um die Stärke der Genaktivierung zu steuern. Diese erlaubt ihnen auf verschiedene Situationen zu reagieren. Proteine namens Transkriptionsfaktoren sind hierfür sehr wichtig. Zum richtigen Zeitpunkt heften sie sich an bestimmte DNA Bereiche, wie man z.B. Lesezeichen in ein Kochbuch einfügen würde. Die Zelle erkennt dieses Lesezeichen und beginnt das Gen abzulesen. Andere Transkriptionsfaktoren haben eine gegenteilige Wirkung, das betreffende Gen wird überlesen, wohingegen andere gleich viele verwandte Gene auf einmal kontrollieren.

Hätte man ein Buch mit geheimen Rezepten, würde man es behüten wollen, indem man es beispielsweise unter Verschluss hält. Zellen sind ebenso vorsichtig und packen ihre DNA um Proteine herum, die Histone genannt werden. Bevor ein Gen gelesen werden kann, muss die DNA erst von den Histonen abgewickelt werden.

Probleme der Genregulation bei der HK

Stellen sie sich vor, sie kochen eine Mahlzeit nach Rezept, aber jemand, der ihnen eigentlich behilflich sein sollte, erzählt ihnen doppelt so viel zu machen wie nötig, oder verschiebt die Lesezeichen in ihrem Kochbuch, so dass sie dem falschen Rezept folgen. Das würde mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem großen Durcheinander enden.

Auf gewisse Art und Weise geschieht dies bei der Huntington Krankheit.

Das mutierte Huntingtin Protein verhält sich genau so wie dieser unnütze Assistent. Wir wissen, dass einer der vielen Wege, durch die mutiertes Huntingtin Schaden verursacht, das durcheinander bringen von Aktivierungsstärken von Genen ist.

Es wird mit großem Aufwand daran gearbeitet Medikamente zu entwickeln und zu testen, die HDAC auf sicherem Weg hemmen

Zum Teil verursacht das mutierte Huntingtin direkt Probleme, indem es wie Transkriptionsfaktoren an die DNA bindet. Zum anderen verursacht es indirekt Schaden, indem es mit anderen Transkriptionsfaktoren interagiert.

Das Resultat zeigt sich in der Huntingtonkrankheit - weit verbreitetes Chaos in der Kontrolle der Genaktivierung. Da jedes Gen auf seine Art und Weise wichtig ist, lässt sich leicht verstehen, wie diese Effekte des mutierten Huntingtins weitläufige und schwere Schäden in Zellen anrichten.

HDACs: Freilegung der DNA

Wie zuvor beschrieben, kontrollieren Histone welche Teile der DNA geschützt sind und welche frei liegen.

Histone selbst werden durch einen chemischen Schalter kontrolliert. Ein Anhang namens “Acetyl” wird an die Histone angehängt oder entfernt.

Histone mit diesem Acetylanhang schützen die DNA. Wenn das Acetyl entfernt wird, wird die DNA freigelegt.

Die Proteine, welche den Acetylanhang entfernen, werden überraschender Weise Histon DeAcetylase Proteine genannt. Sie werden für gewöhnlich als HDACs bezeichnet - ausgesprochen “H-dacks”.

Weil HDACs Acetyl von Histonen entfernt, legen sie Bereiche der DNA frei, wodurch diese potentiell angreifbar sind durch das Chaos, welches das mutierte Huntingtin verursacht.

HDAC Inhibitoren: Beschützer der DNA

Wissenschaftler, die an der Behandlung der Huntingtonkrankheit arbeiten, fragten sich, ob es möglich wäre, einen Teil des Chaos zu verhindern oder rückgängig zu machen, welches durch das mutierte Huntingtin verursacht wird.

HDACs sind hier besonders interessant: ein Wirkstoff, der die Aktivität der HDACs verringert, sollte die DNA gegen einen Teil des Chaos schützen. Medikamente, die so etwas bewirken, werden HDAC Inhibitoren genannt.

Probleme in der Genregulation tragen zur Entstehung einiger Krebsarten bei; und zwei HDAC Inhibitoren sind bereits für die Behandlung bestimmter Blutkrebsarten genehmigt, an vielen weiteren wird geforscht.

Bisher ist HDAC-4 das vielversprechenste Ziel unter den HDACs, wenn es darum geht Leistung mit wenig Nebeneffekten zu produzieren.
Bisher ist HDAC-4 das vielversprechenste Ziel unter den HDACs, wenn es darum geht Leistung mit wenig Nebeneffekten zu produzieren.

HDAC Inhibitoren in HK Mäusen

Viele HK Wissenschaftler sehen HDAC Inhibitoren unter den besten Kandidaten, um zu einer erfolgreichen Behandlung von Patienten zu führen.

Aufbauend auf der Arbeit in Hefen und Fruchtfliegen, veröffentlichten Professor Gill Bates und seine Gruppe, vom Kings College in London, 2006 eine bedeutende Studie über einen HDAC Inhibitor namens SAHA. HK Mäuse, denen SAHA über die Nahrung verabreicht wurde, führten Bewegungstests sehr viel besser aus.

Die SAHA behandelten Mäuse verloren jedoch mehr Gewicht als erwartet - was vor schädlichen Nebenwirkungen warnt, sollte der Wirkstoff in Menschen getestet werden.

Schädigende Nebenwirkungen mögen bei so gravierenden Erkrankungen wie Krebs akzeptabel sein, da der Behandlungszeitrum oft kurz ist. In der HK wären sie jedoch sehr bedenklich, da das eigentliche Ziel ist, Patienten zu behandeln bevor sie erste Symptome zeigen - und die Behandlung könnte sich über Jahre und Jahrzehnte erstrecken.

Verbesserung von Medikamenten

Es gibt viele verschiedene Histonproteine, und viele verschiedene HDAC Enzyme, die zu verschiedenen Sachlagen unterschiedliche Bereiche der DNA schützen oder freilegen. SAHA ist ein genereller Inhibitor in der Reihe der HDAC Enzyme.

Nachfolgende Studien von Bates Gruppe und anderen haben gezeigt, dass im besonderen ein HDAC sehr vielversprechend ist - HDAC-4. Ein Ausschalten von HDAC-4 auf genetischer Ebene in Mäusen zeigte die Vorzüge einer SAHA Behandlung, jedoch ohne den Gewichtsverlust.

Es werden derzeit große Anstrengungen unternommen, um Wirkstoffe zu entwickeln und zu testen, die HDAC-4 auf sichere Art und Weise inhibieren, ohne dabei andere HDAC Enzyme zu beeinträchtigen. Es besteht die Hoffnung, dass hierdurch Medikamente entwickelt werden können, welche das Voranschreiten der HK verlangsamen und gleichzeitig das Risiko von Nebenwirkungen verringert wird.

Neuigkeiten im Bereich der HDACs

Sowohl durch Anfragen von HDBuzz Lesern, als auch durch ein kürzlich erschienenes Paper im Journal PNAS von Dr. Clemens Scherzer, von der Harvard Medical School, Massachusetts, wurde unsere Aufmerksamkeit auf HDACs und seine Inhibitoren gelenkt.

Scherzers Gruppe war auf der Suche nach Biomarkern für die Huntingtonkrankheit. Ein Biomarker steht für einen Test, mit dessen Hilfe man den Verlaufsstatus einer Krankheit ermitteln oder ihren Verlauf vorhersagen kann. Wir benötigen gute Biomarker, um Wirkstoffe schneller testen zu können.

Medikamente und Biomarker - Tests, welche das Fortschreiten einer Krankheit messen - sind schwer ausfindig zu machen. Gut überlegte Studien können dabei helfen beides auf zu finden.
Medikamente und Biomarker - Tests, welche das Fortschreiten einer Krankheit messen - sind schwer ausfindig zu machen. Gut überlegte Studien können dabei helfen beides auf zu finden.

Scherzer benutzte eine ausgeklügelte Technologie, die sich Expressions-Profiling nennt, um all die verschiedenen RNA-Botenmoleküle im Blut von HK Patienten zu betrachten. Die Menge einer jeden RNA ist ein Maß dafür wie aktiv ein bestimmtes Gen ist. Einer der häufigsten RNA-Typen gehört zu einem Gen namens H2AFY, welches das Rezept für ein Histon mit dem Namen macroH2A1 darstellt.

Das war eine große Überraschung - denn wenn Zellen in HK Patienten zu viele Histone produzieren, könnte das sehr wohl in der Kontrolle der Genaktivierung herumpfuschen.

Scherzers Gruppe überprüfte das Ergebnis auf verschiedene Weisen, im Blut und Gehirn von Menschen und Mäusen, und jedes mal fanden sie mehr Aktivität von dem Gen als erwartet.

HK Mäuse, denen die HDAC unterdrückende Substanz Phenylbutyrat verabreicht wurde, zeigten einen Abfall der Histonproteine. Bei einer klinischen Untersuchung zeigte sich, dass HK Patienten, denen Phenylbutyrat verabreicht wurde, eine geringere Menge an H2AFY Botschaften aufwiesen als die Kontrollpatienten.

Ist H2AFY ein Biomarker?

Einige Nachrichtenquellen haben berichtet, dass das H2AFY-Botschaftenmolekül ein Biomarker für die HK ist, ein Bluttest der es ermöglichen wird klinische Studien der HK durchzuführen.

Unglücklicher Weise ist es nicht so einfach - wie Scherzers Gruppe selbst in ihrer Veröffentlichung anmerkte. Biomarker zu finden ist fast so schwer wie Behandlungen zu finden, und jeder mögliche Biomarker muss auf viele verschiedene Art und Weisen überprüft werden. Der wichtigste Prüfschritt eines Biomarkers ist zu zeigen, ob er prognostizieren kann ob ein Medikament wirkt oder nicht. Da bisher kein Wirkstoff funktioniert hat, ist dies eine Zwickmühle. Es bedeutet also, dass wir Studien sehr vorsichtig entwerfen müssen, um Wirkstoffe und Biomarker zur selben Zeit zu entwickeln und zu testen.

Damit ein Test ein brauchbarer Biomarker sein kann, muss genau verstanden werden was er bedeutet. Derzeit ist es kaum verstanden, warum es mehr von dem H2AFY Genprodukt gibt als erwartet, sowohl von dem Botschaftenmolekül als auch von dem Histonprotein selbst. Es ist noch weniger verstanden, wie diese Veränderungen mit den bereits bekannten schädlichen Auswirkungen der HK im Zusammenhang stehen.

Weiter geht’s!

Genau an so etwas wollen Wissenschaftler ihre Finger bekommen. Genaktivierungs-Chaos - eine der wichtigsten Art und Weisen wie die HK Mutation Schaden verursacht. Histone, welche die DNA schützen, HDAC Enzyme welche sie wieder frei legen, und HDAC Inhibitoren, welche sie wieder verpacken. Die Herausforderung einen HDAC-4 Inhibitor zu entwickeln der sicher ist. Und nun ein neues Geheimnis - die H2AFY Genbotschaft, sowohl mit Histonen als auch HDAC Inhibitoren verknüpft, die dabei behilflich sein könnte brauchbare Biomarker zu finden.

Da viele Forschungsgruppen auf der ganzen Welt diese Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln heraus untersuchen, haben wir mit Sicherheit nicht zum letzten Mal von HDAC Inhibitoren gehört.

Die Autoren haben keinen Interessenkonflikt offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...