Jeff CarrollVon Dr Jeff Carroll Übersetzt von Martin Oehmen Bearbeitet von Professor Ed Wild

Gewichtsverlust ist ein häufiges Symptom in der Huntington Krankheit, der Grund ist bisher unbekannt. Durch die Untersuchung des Verdauungstraktes von HK Mäusen - und einem genauen Blick auf ihre Hinterlassenschaften - haben Wissenschaftler einen Hinweis auf die Ursache des Gewichtsverlustes in der HK gefunden

Gewichtsverlust bei Huntington

Gewichtsverlust ist ein häufiges Symptom der Huntingtonkrankheit, wie viele Patienten und Betreuer wissen. Der Gewichtsverlust tritt manchmal sogar vor ersten offensichtlichen Symptomen auf. Er kann sogar dann noch fortschreiten, wenn sehr große Mengen an Essen eingenommen werden. Genau so wie es sich mit der Krankheit selbst verhält, ist der Gewichtsverlust in Patienten, mit einer großen Mutation des HK Gens, stärker ausgeprägt - das Auftreten des Gewichtsverlusts zu verstehen, könnte also dabei helfen, die Krankheit selbst zu verstehen.

Das Verdauungssystem, hier in orange dargestellt, könnte durch die HK direkt beeinträchtigt werden, was zu Gewichtsverlust führt.
Das Verdauungssystem, hier in orange dargestellt, könnte durch die HK direkt beeinträchtigt werden, was zu Gewichtsverlust führt.

Eine aktuelle Studie der Gruppe um Dr. Asa Petersen in Schweden, die von HDBuzz ebenfalls abgedeckt ist, zeigt, dass Effekte des Huntingtinproteins in einem Teil des Gehirns, der “Hypothalamus” genannt wird, wahrscheinlich zu Gewichtsveränderungen in der HK führen. Das ist wahrscheinlich jedoch nicht die ganze Geschichte - eines der Rätsel des Huntingtinproteins ist, dass es in allen Zellen unseres Körpers gefunden wird. Könnte es also den Verdauungsprozess direkt beeinflussen und somit zum Gewichtsverlust beitragen?

Das Gehirn im Bauch - das “enterale Nervensystem”

Neurone sind Zellen, die über elektrische und chemische Signale miteinander kommunizieren. Gewöhnlich denken wir, dass Neurone auf das Gehirn und andere spezialisierte Organe wie Augen und Ohren beschränkt sind. Was viele nicht wissen ist, dass es Millionen von Neuronen im Gewebe des Verdauungstraktes (Magen und Darm) gibt. Diese Neurone haben die Aufgabe, die Nahrungsaufnahme zu überwachen, und Verdauungsprozesse so anzupassen, dass der Nährstoffbedarf des Körpers gedeckt wird. Manchmal als “zweites Gehirn” bezeichnet, wird dieses Netzwerk von Wissenschaftlern als “enterales Nervensystem” bezeichnet.

Kürzlich haben Wissenschaftler das Huntingtinprotein in den Neuronen des Darms nachgewiesen. Aber was dort seine Aufgabe ist, und ob Veränderungen in der Verdauung durch das mutierte Huntingtin verursacht werden, war immer unklar. Eine Gruppe von europäischen Wissenschaftlern, unter Leitung von Dr. Nils Wierup und Dr. Maria Bjorkqvist an der Lund Universität Schweden, machten sich daran, dem auf den Grund zu gehen.

Neurodegeneration im Darm?

Die Neurone des Darms kommunizieren unter anderem dadurch, dass sie kleine Teile von Proteinen, so gennante “Peptide”, freisetzen. Diese Peptide können Nachrichten für eine Anzahl an verschiedenen Situationen übermitteln, je nach ihrer spezifischen Sequenz. Einige sorgen für eine Beschleunigung der Verdauung, andere verlangsamen diese.

Diese Kommunikation erlaubt es, den Verdauungsprozess auf die Nahrungsaufnahme und den Nährstoffbedarf hin abzustimmen. Einige dieser speziellen Neurone, die Peptide ausschütten, fehlen im Darm von HK Mäusen.

Die Wissenschaftler schauten sich also genau die Struktur des Verdauungssystems in HK Mäusen an. Die inneren Organe sind mit einer Zellschicht gesäumt, welche für die Aufnahme von Nährstoffen zuständig ist. Diese Zellschicht war dünner in HK Mäusen, was ernsthafte Probleme in der Nährstoffversorgung der Mäuse verursachen könnte.

HK Mäuse scheiden mehr unverdautes Futter aus als gesunde Mäuse. Dies bedeutet, dass sie weniger Nährstoffe aus dem Futter in den Körper aufnehmen

Weniger rein oder mehr raus?

Die Hauptaufgabe des Verdauungstraktes ist es, Nahrung aufzunehmen, Nährstoffe aufzunehmen während die Nahrung durch den Körper geführt wird, und den Abfall aus zu scheiden. Für Normalsterbliche heißt dies “Nahrung aufnehmen” und “auf die Toilette gehen”.

Die Zeit, in der die Nahrung durch das Verdauungssystem geschleust wird, ist in HK Mausmodellen verlängert. Dies macht Sinn, in anbetracht all der Veränderungen, die in den Neuronen und anderen Zellen auftreten.

Aber hat dies einen Einfluss auf die Ernährung der Mäuse, oder ist es nur eine Nebenwirkung des krank seins? Da Mäuse die Nahrungsaufnahme und spätere Ausscheidung in einem Käfig machen, ist es möglich zu messen, wie viel Nährstoffe sie aus der Nahrung aufnehmen.

HK Modellmäuse scheiden mehr unverdautes Futter aus als gesunde Mäuse. Das bedeutet, dass sie weniger Nährstoffe aus der Nahrung ins Blut aufnehmen. Die Mäuse mit der weniger effizienten Verdauung waren auch diejenigen, die mehr Gewicht verloren haben. Dies legt nahe, dass eine Verbindung zwischen den beiden Phänomenen besteht.

Konsequenzen und Rätsel

Die Studie zeigt sehr genau auf, dass HK Modellmäuse Probleme mit der Verdauung haben, die wahrscheinlich zu dem Gewichtsverlust beitragen. Die Forscher haben jedoch bisher nicht nachweisen können, dass dies auch in Menschen mit der Huntingtonkrankheit der Fall ist. Dies weiter zu verfolgen ist ein wichtiger nächster Schritt. Es handelt sich hier um wichtige Arbeit, da dünne Patienten stärkere Symptome der HK zeigen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Studie eines Tages HK Patienten zu Gute kommt. Diese Arbeit legt einen Grundstein für weitere Studien im Menschen.

Die Autoren haben keinen Interessenkonflikt offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...