Jeff CarrollVon Dr Jeff Carroll Übersetzt von Nathalia Weber Bearbeitet von Professor Ed Wild

Wissenschaftler haben erfolgreich Viren dazu verwendet, Gene in die Gehirne von Parkinsonpatienten einzuschleusen. Das Gen, das von den Viren transportiert wurde, verbesserte die Symptome der Patienten die Injektionen erhielten. Dies beweist, dass genetische Therapie am Gehirn wirksam sein kann und gibt Hoffnung für ähnliche Therapien bei der HK.

Die Verbindungen zwischen Parkinson und der Huntington Krankheit

Parkinson ist, genau wie die Huntington Krankheit, eine neurodegenerative Erkrankung. Dies bedeutet, dass sie durch den verfrühten Tod von Gehirnzellen, den Neuronen, verursacht wird. Die Symptome von HK und Parkinson mögen teilweise unterschiedlich erscheinen - Parkinsonpatienten haben Schwierigkeiten damit, Bewegungen zu initiieren, während es für die HK charakteristisch ist, zu viele Bewegungen zu machen. Jedoch sind bei beiden Krankheiten benachbarte Gehirnregionen betroffen.

Parkinson und Huntington Krankheit verursachen unterschiedliche Formen der Bewegungsstörung, werden aber durch Schädigungen in ähnlichen Gehirnregionen verursacht
Parkinson und Huntington Krankheit verursachen unterschiedliche Formen der Bewegungsstörung, werden aber durch Schädigungen in ähnlichen Gehirnregionen verursacht

Weit unterhalb der stark eingefalteten Schicht des Gehirns (dem ‘Kortex’) befindet sich ein Verbund von Strukturen, die als ‘Basalganglien’ bezeichnet werden. Unter anderem sind diese Gehirnregionen wichtig für die Kontrolle von Bewegungen. Hierbei haben die unterschiedlichen Teilgebiete der Basalganglien gegensätzliche Effekte. Einige sorgen für verstärkte Bewegungen wenn ihre Zellen feuern, andere hemmen in diesem Fall Bewegungen. Der Teil der Basalganglien, der bei der HK in der Regel zuerst betroffen ist, ist für die Hemmung von Bewegungen zuständig. Wenn dieser Teil nicht mehr richtig funktioniert, produziert ein Patient folglich zu viele Bewegungen.

Gentherapie versus ‘kleine Moleküle’

Die meisten Medikamente sind das, was Wissenschaftler als ‘kleine Moleküle’ bezeichnen. Diese sind einfache Chemikalien, die sich im Körper verbreiten können und die ihre Wirkung dadurch entfalten, dass sie sich an kleine Maschinen in den Zellen, die sogenannten Proteine, binden. Hierbei besteht die Wirkung der meisten Medikamente mit ‘kleinen Molekülen’ darin, sich an das Protein anzuheften und dessen Funktion zu unterbinden.

Es ist wesentlich einfacher, Medikamente zu entwickeln, die Proteine von ihrer Tätigkeit abhalten können, als solche, die den Molekülen neue Funktionen ‘beibringen’. Stellen Sie sich eine komplexe Maschine mit Zahnrädern und verschlungenen Einzelteilen vor. Es ist leichter, einen Stein zwischen die Zahnräder zu werfen, der die Maschine stoppt, als eine neue Funktion hinzuzufügen. Entsprechend ist der wesentliche Grundgedanke bei den meisten Wirkstoffentwicklungen, eine Chemikalie zu finden, die sich an bestimmte Proteine anheftet und deren Funktion aufhebt.

Manchmal ist jedoch aus Tiermodellen bekannt, dass es notwendig ist, eine Funktion zu verstärken, anstatt sie zu stoppen. Im Fall von Parkinson hat sich bei Mäusen gezeigt, dass die erhöhte Verfügbarkeit einer Chemikalie namens ‘GABA’ in Teilen der Basalganglien hilft, um die Symptome zu mildern. Diese Erkenntnis aus Tierexperimenten wurde an Menschen, die aufgrund ihrer Parkinson Krankheit operiert wurden, bestätigt. Die Chirurgen applizierten GABA direkt in einen Teil der Basalganglien und fanden heraus, dass sich die Parkinson Symptome für einige Zeit verbesserten.

GABA-Injektionen direkt in das Gehirn können jedoch keine Langzeitwirkung entfalten, da die Chemikalie vom Gehirn schnell verbraucht und zersetzt wird. Wie kann man nun diese Gehirnregion dazu bringen, mehr eigenes GABA herzustellen? Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Ärzten beschloss zu versuchen, ein Gen zu finden, das den Zellen befiehlt, mehr GABA zu produzieren. Sollte es ihnen gelingen, dieses Gen in den zuständigen Bereich der Basalganglien zu bringen, würde das Gehirn mehr eigenes GABA herstellen. Wie bereits bei den GABA-Injektionen zeitweise der Fall, könnte dies zu Verbesserungen der Symptome führen.

Durführung der Gentherapie

Wenn es so einfach ist, warum dann nicht einfach das Gen injizieren, um den Zellen zu sagen, sie sollen mehr GABA produzieren? Leider ist es nicht ganz so einfach. 'Gene’ sind aus langen DNA-Stücken zusammengesetzt. Hierbei handelt es sich in der Regel um tausende ‘Buchstaben’, die in einer langen Kette aneinandergereiht sind. Das Gen, das den Gehirnzellen befiehlt, mehr GABA zu produzieren, besteht aus über 3000 solcher DNA ‘Buchstaben’, die alle gelesen werden müssen. Ein solch großes DNA-Stück in die Zellen zu bekommen ist sehr schwierig. Würde man die DNA einfach in das Gehirn injizieren, würde am Ende nur sehr wenig davon in die Zellen gelangen - das meiste würde einfach untätig im Gewebe verbleiben.

Hier kommen die Viren ins Spiel. Diese winzigen Keime haben die geniale Fähigkeit, DNA von Zelle zu Zelle zu transportieren - wie jeder, der schon einmal eine Erkältung hatte, weiß. Ein Virus ist im Grunde ein mit DNA befülltes Protein-Paket und darauf spezialisiert, diese DNA in andere Zellen zu injizieren.

Adeno-assoziiertes Virus Typ 2, das Virus, das verwendet wird, um Gene in die Gehirne von Parkinson-Patienten zu transportieren
Adeno-assoziiertes Virus Typ 2, das Virus, das verwendet wird, um Gene in die Gehirne von Parkinson-Patienten zu transportieren
Quelle: PNAS (Xie et al)

Wissenschaftler sind in der Lage, Viren so zu verändern, dass diese sich zwar nicht weiter vermehren können, jedoch nach wie vor dazu in der Lage sind, in Zellen einzudringen und dort ihr DNA-Material zu platzieren. Mit entsprechendem Genmaterial bepackt, können Wissenschaftler diese harmlosen Viren dazu nutzen, die Gene in jene Regionen einzuschleusen, in denen sie benötigt werden. In diesem Fall nutzten die Wissenschaftler einen Virus mit dem Namen ‘adeno-assoziiertes Virus (Typ 2)’, angefüllt mit einem Gen, das den Zellen den Befehl erteilt, GABA zu produzieren.

Die an der Studie beteiligten Neurochirurgen injizierten dieses genetisch veränderte Virus dann in die Basalganglien von Patienten mit Parkinson im fortgeschrittenen Stadium. Zur ‘Kontrolle’ erhielten einige Patienten Injektionen, die keine Viren enthielten. Weder Patienten noch Ärzte wussten hierbei, welche Injektionen das Virus enthielten und welche nicht.

Hat es funktioniert?

Einen, drei und sechs Monate nach der Operation wurden alle Patienten der Studie von einem Parkinson-Spezialisten untersucht. Diejenigen Patienten, die das Virus mit dem GABA-Gen erhalten hatten, schnitten besser ab, als solche, die nur die wirklosen Kontroll-Injektionen erhalten hatten. Nun werden die Patienten über weitere sechs Monate begleitet, um zu sehen, ob diese Verbesserungen von Dauer sind.

Was bedeutet dies für die HK?

Viele Menschen glauben, dass eine Technik namens ‘Huntingtin Silencing’ - eine Inaktivierung des Proteins Huntingtin - der vielversprechendste Weg ist, um den Verlauf der HK zu beeinflussen. Ein Ansatz in dieser Richtung nennt sich ‘RNA-Interferenz’, oder 'RNAi’. Nach aktuellen Erkenntnissen zur Verwendung von RNAi im Gehirn ist hierfür eine direkte Injektion in das Gehirn, möglicherweise mithilfe von Viren, notwendig.

In der Studie zur Gentherapie bei Parkinson wurde eine Gehirnregion angesteuert, die sehr nahe bei derjenigen liegt, die für eine zukünftige Gentherapie der HK als Zielregion infrage käme. Die Tatsache, dass es den Chirurgen gelang, diese Gehirnregion zu erreichen und dass die Viren ihre Aufgabe, ein Gen zu übertragen, dort erfolgreich ausführten, zeigt, dass Gentherapie am Gehirn funktionieren kann. Dies wiederum macht Hoffnung, dass solche Techniken in ähnlich designten Studien bei der HK von Nutzen sein werden.

Die Autoren haben keinen Interessenkonflikt offenzulegen. Weitere Informationen zu unserer Offenlegungsrichtlinie finden Sie in unseren FAQ ...